FIS-Führer freigelassen

■ Algeriens Staatsführung entläßt Abbassi Madani aus dem Gefängnis

Algier/Berlin (AFP/taz) – Nach über sechs Jahren in verschiedenen algerischen Gefängnissen kam die Freiheit: Fünf Jahre nach seiner Verurteilung zu zwölf Jahren Haft ließen Algeriens Machthaber überraschend den Vorsitzenden der verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS), Abbassi Madani, frei. Gestern durfte der 66jährige seine Zelle in der südalgerischen Stadt Blida verlassen. Die Freilassung sei unter Auflagen erfolgt, hieß es von offizieller Seite. Von FIS-Vertretern im Exil war zu erfahren, Madani sei strikt verboten worden, sich politisch zu betätigen. Dieses Schicksal teilt er mit Abdelkader Haschani (42). Die „Nummer 3“ der FIS war bereits am 8. Juli nach fünfeinhalb Jahren aus der Haft entlassen worden – ebenfalls „unter Auflagen.“

Nach mehrwöchigen Demonstrationen von Anhängern der FIS war der FIS-Vorsitzende und Universitätsprofessor Abbassi Madani im Juni 1991 verhaftet und am 16. Juli 1992 vom Militärgericht in Blida wegen Gefährdung der staatlichen Sicherheit verurteilt worden. Die FIS-Auslandsvertretung begrüßte gestern seine Freilassung als „positiven Akt durch Präsident Liamine Zéroual“ und als „effektiven Beitrag zur Lösung der Krise“ in dem nordafrikanischen Land. Zugleich forderte sie, alle politischen Gefangenen in Algerien freizulassen, darunter auch Madanis Stellvertreter Ali Belhadsch.

Madanis Familie, die in Deutschland im Exil lebt, wollte keinen Kommentar zu der Freilassung abgeben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte zwei Söhne Madanis im Juni zu 32 und 28 Monaten Haft verurteilt. Es sah es als erwiesen an, daß der 30jährige Salim Abassi und sein 25jähriger Bruder Ikbal als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung mit Sitz in Alsdorf bei Aachen islamistische Untergrundkämpfer mit gefälschten Ausweisen versorgten. Vom Vorwurf des Waffenschmuggels für die FIS wurden die beiden in Deutschland als politische Flüchtlinge anerkannten Angeklagten aber freigesprochen.