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Resümee politischen Versagens

■ Untersuchungsausschuß zum Konkurs des Bremer Vulkan: Politiker waren geblendet vom schönen Schein

Bremen (taz) – Am 15. August wird die traditionsreiche Vulkan- Werft in Bremen-Vegesack ihre Tore schließen, für die Bremerhavener Seebeck-Werft sucht der Konkursverwalter einen Käufer. Der Rumpf des Luxus-Kreuzliners „Costa II“, 100 Millionen Mark Staatsgelder teuer, liegt rostend in der Weser. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, dann ist das Kapitel Schiffbau an der Unterweser bald beendet. Wie es dazu kommen konnte, das sollte der Parlamentarische Untersuchungsausschuß des Bremer Landtages herausfinden, der gestern nach wochenlangen Zeugenvernehmungen eine Zwischenbilanz zog.

Denn das vornehme Ziel des Bremer Vulkan Verbundes, der in den achtziger Jahren mit erheblicher staatlicher Hilfe zusammengeschustert wurde, war es, die örtlichen Arbeitsplätze zu retten. Doch Vorstandschef und ehemaliger Bremer Staatssekretär Friedrich Hennemann kaufte sich das Umsatzwachstum, war immer als erster zur Stelle, wenn es Subventionen gab – und die gab es in den vergangenen Jahren vor allem im Osten Deutschlands. „Geblendet“ von dem vielen flüssigen Geld, stellte der Ausschußvorsitzende Hermann Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) fest, habe man in Bremen gern darüber hinweggesehen, daß viel „ertraglose, marode Substanz“ auf den Bremer Werften zurückblieb. Die lokalen Wirtschaftspolitiker wollten auch gar nicht so genau wissen, auf welchen Wegen die Ost-Subventionen in den Konzern flossen. – Wäre noch etwas zu retten gewesen, als das Kartenhaus im Sommer 1995 zu wackeln begann?

Damals zeichnete sich ab, was im Frühjahr 1996 Realität wurde: Der Vulkan ging in den Konkurs, mindestens 850 Millionen Mark Subventionen für die Ost-Werften waren veruntreut. Die Werften an der Ostseeküste mußten erneut verstaatlicht werden, die Bremer Werften wurden vom Konkursverwalter gehegt.

Die Übernahme der unternehmerischen Verantwortung durch Bremen „war nie eine Option aus Sicht der CDU“, stellte die CDU- Vertreterin im Ausschuß, Elisabeth Motschmann, fest. Als im Sommer 1995 die große Koalition erstmals in Bremen ans Ruder kam, sei sie wenige Wochen nach Amtsübernahme von der Vulkan- Krise überrascht worden. Die CDU habe in diesem Verständnis die Krise nur begleitet. So ließ es sich der jetzige Bremer Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) auch nicht nehmen, die dreistelligen Millionenzuschüsse Bremens an den Vulkan zu rechtfertigen. „600 Millionen Steuergelder sind für Bremen eine teure Sterbehilfe“, kommentierte ein Abgeordneter sarkastisch. „Das Krisenmanagement des Senats hat versagt.“

Der Vulkan sei „bis zuletzt ein Unternehmen Bremens“ geblieben, konterte Kuhn. Der SPD-Obmann im Ausschuß sieht die Verantwortung bei den Banken: Sie hätten nur ihre alten Kredite abgesichert. Klaus Wolschner

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