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Sieg der Gentech-Lobby

■ Europaparlament für Patente auf Leben

Berlin (taz) – Für die Patentierung menschlicher Gene sprach sich gestern eine große Mehrheit des Europaparlaments aus. Über zwei Drittel der Abgeordneten stimmten in erster Lesung für die von der EU-Kommission vorgelegte, heftig umstrittene Patentierungsrichtlinie.

Danach soll es nicht nur erlaubt sein, genmanipulierte Pflanzen und Tiere unter Patentschutz zu stellen, auch isolierte menschliche Zellen und Gene sollen künftig als „biologische Erfindungen“ eingestuft werden.

„Diese Entscheidung ist ein Kniefall vor der Gentech-Industrie“, bezeichnete die Abgeordnete der Grünen, Hiltrud Breyer, in einer ersten Stellungnahme das Abstimmungsergebnis. Während die Grünen-Fraktion sich gestern geschlossen gegen die Richtlinie aussprach, stellte sich die überwiegende Mehrheit der Christ- und Sozialdemokraten hinter den Kommissionsvorschlag. Enttäuscht ist auch die SPD- Abgeordnete Evelyn Gebhardt, die im Vorfeld noch versucht hatte, in ihrer Fraktion Änderungsanträge durchzubringen. Sie hatte keinen Erfolg.

Jubeln kann jetzt die Gentech-Industrie. Seit langen schon drängt sie darauf, die Vergabe von Patenten auf „biologische Erfindungen“ rechtlich wasserdicht abzusichern. Mit einem ersten Vorstoß, das Patentrecht auf Lebewesen und Teile des Körpers auszuweiten, ist die EU-Kommission vor zwei Jahren schon einmal gescheitert. Erst jetzt in ihrem zweiten Anlauf war ihr der Erfolg beschieden. Und das, obwohl die jetzt vorliegende Richtlinie sich nur geringfügig von dem ersten Entwurf unterscheidet. So soll es keine Patente mehr für die Keimbahntherapie geben, auch Techniken zum Klonen von Menschen sollen nicht mehr unter das Patentrecht fallen.

Über die beschlossene Richtlinie muß noch im Ministerrat beraten werden. Hier werden größere Kontroversen erwartet, da einige Mitgliedstaaten – vor allem Österreich – der Gentechnologie äußerst kritisch gegenüberstehen. wlf Bericht Seite 2

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