So einfach ist das also

■ Seitenweise fröhliches Gequatsche: "Buzz", eine neue Technozeitung

Zwar steht vier Mark drauf, doch weil der Zeitschriftenvertrieb noch nicht organisiert ist, liegt Buzz vorerst ziemlich kundenfreundlich einfach so zum Mitnehmen in Plattenläden rum – in Deutschland, Österreich und der Schweiz, im Zeitungsformat auf Zeitungspapier, 48 Seiten stark, ganze 35.000mal und einfach so. Ein Super-Kennenlern-Angebot, von dem alle was haben. Die Leser, das ist klar, und vielleicht auch die Zeitung selbst. Denn bevor Buzz an den Kiosk geht, stellt sich die notwendige Leser-Blatt- Bindung quasi von allein her. Und in Plattenläden ist Buzz hautnah an der Zielgruppe. Die interessiert sich nämlich im weitesten Sinne für Techno und will außerdem noch drüber lesen.

Der vollständige Titel lautet übrigens „Buzz – Zeitschrift für electronische Lebensaspecte“. Holpriger geht's zwar kaum, aber mit C geschrieben kommen elektronische Lebensaspekte doch irgendwie gleich eleganter daher. Warum gibt es Buzz überhaupt? „Warum? Keine Ahnung. Zuerst dachten wir, es würd' nicht klappen. Und wie es aussieht, klappt es jetzt irgendwie doch.“ Redakteur Benjamin Weiss weiß auch nicht so genau. Macht nichts, die Frage war ohnehin nicht wichtig. Jedenfalls zeigt die Antwort, daß bei Buzz keine verbohrten überambitionierten Schwätzer am Werk sind. Vorher haben sich Teile der Buzz- Redaktion schon bei Spex, Frontpage und anderen Medien mehr oder weniger umgetan. Und weil die Frontpage nicht mehr ist und es in puncto Techno-Berichterstattung einen Mangel zu beklagen gibt, mußte ein neues Medium her. Also Verlag gegründet, gemacht, getan und fertig: Buzz. So einfach ist das also.

Herausgekommen ist dabei eine Zeitung, die thematisch grob viergeteilt ist. Im ersten Teil gibt es Künstler-, Produzenten- und Autorenporträts, im zweiten Label, anschließend alle möglichen Dinge, die irgendwie elektronisch sind, und zum Schluß angenehm kurze Plattenrezensionen und eine Menge Produktinfos.

Das klingt zwar nicht neu, ist es aber, weil es wie immer nicht darauf ankommt, was man macht, sondern wie man es macht. Aufgabenstellung: Wie vermeidet man miesen Musikjournalismus? Ist die traditionelle, an Musik im Songformat geschulte Herangehensweise, jede neue Platte als Großereignis zu verstehen, das auf Tiefe, Schwere und Bedeutung zu untersuchen ist, ohnehin schon eine schlechte Angewohnheit, so ist sie das in puncto Techno gleich zweimal. Zwar wird niemand bestreiten, daß auch Techno-Produzenten sich in ihrer Musik ausdrücken, doch wie und in welcher Form, und was dieses oder jenes Stück genau zu bedeuten haben, man weiß es nicht. Hauptsache, es hört sich gut an. Und wer noch mehr wissen will, fragt den Künstler am besten selbst.

Allerdings ist bekannt, daß Techno-Produzenten nur selten viel zu sagen haben. Üblich ist es deshalb, die Interviews derart zu bearbeiten, daß sie aussehen, als hätten die Antworten irgend was mit den Fragen zu tun. Warum eigentlich? Buzz jedenfalls druckt die Interviews fast unredigiert und im Dutzend. Das ergibt seitenweise fröhliches Gequatsche und sympathisches Aneinandervorbeireden. Fabio erklärt, wie er neulich mit Grooverider Drum & Bass erfunden hat, Boymerang redet wirres Zeug, und Andreas Lang, der Direktor des Computer- und Videospielmuseums in Berlin, erzählt von Maschinen und Geräten, von denen wahrscheinlich noch niemand jemals etwas gehört hat. Selbst Spezialistenthemen wirken da nicht exklusiv.

Daß manche Buzz-Artikel sprachlich recht unbeholfen daherkommen und beinahe jedes dritte Wort ein Schreibfehler ziert, trübt die Stimmung kaum. Immerhin ist Buzz – super Layout by the way – als erste Techno-Zeitung ideologiefrei, freundlich und ungezwungen, ohne gleichzeitig dumm, bescheuert werbetexterisch und betont hip zu sein. Auch wenn sie nicht genau wissen, warum, so wissen sie zumindest, was sie tun. Und das von jetzt ab jeden Monat neu. Harald Peters