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■ Biologische Abwehrbrigade gegen ApfelwicklerGroßoffensive der Schlupfwespen

Ein ganzes Heer von kleinen Würmern, Apfelwickler genannt, bereitet sich derzeit auf eine Großoffensive vor. Abermillionen dieser winzigen Tierchen machen sich nämlich daran, sämtliche erreichbaren Äpfel aufzusuchen, um es sich dann darinnen so richtig wohl sein zu lassen. Dies sehr zum Leidwesen der Apfelbaumbesitzer, die nicht selten beim kräftigen Biß in ihren Boskop oder Jonathan auch einen frischen Wurm mitverzehren.

Im bayerischen Landkreis Dillingen in Nordschwaben geht man nun für die Apfelwurmfreiheit völlig neue Wege: Der erste Großeinsatz einer biologischen Abwehrbrigade ist bereits generalstabsmäßig vorbereitet. Eckard Huber, der Kreisgartenberater des Landkreises Dillingen, hat monatelang bei den Gartenbauvereinen geworben und erreicht, daß von 61 dieser Vereine 58 mit dabei sind, wenn jetzt eine wahre Armee von Schlupfwespen gegen den nimmersatten Apfelwickler in Stellung gebracht wird.

Geschehen wird dies in Form von dreimal 14.000 streichholzbriefchenähnlichen Kärtchen, in denen sich Eier der Schlupfwespe befinden, die wiederum die Eier des Apfelwicklers parasitieren und damit unschädlich machen sollen. Im Abstand von gut zwei Wochen werden je 14.000 Karten ausgegeben und in Kopfhöhe auf die Bäume gehängt. „Wir kommen dann auf insgesamt 50.000 Kärtchen und somit auf rund 160 Millionen Tierchen, die freigesetzt werden.“ Die Schlupfwespentierchen sollen es sich dann bei den Apfelwicklern so richtig wohl sein zu lassen.

Mit der Bioarmee will der Landkreis Dillingen die chemische Keule, die als vermeintlich einzige Rettung immer mehr zum Einsatz kommt, zurückdrängen. In manchen Bereichen waren im vergangenen Jahr die Apfelbäume bis zu 100 Prozent befallen. Der Schlupfwespenlieferant, ein „Nützlingsservice“ aus Darmstadt, verspricht eine Befallsreduzierung von bis zu 80 Prozent. Der Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege wäre ja schon mit 50 Prozent zufrieden.

Ähnliches ist von Obstbaumbesitzer und Feuerwehrmann Friedrich Schöppler zu hören, der vor seinen Bäumen steht und die kleinen Schlupfwespenkärtchen aufhängt. „Mit'm Spritzen hab' ich's nimmer so. Erstens atmet man viel so Giftzeug ein, und zum anderen ißt man auch die Äpfel lieber, wenn sie nicht gespritzt sind.“ Seine Frau nickt, auch wenn sie etwas skeptisch auf die unsichtbare Bioarmee in den Streichholzbriefchen blickt. „Das ist einen Versuch wert. Schau mer halt mal.“ Sie glaubt dem Kreisgartenberater, daß die kleinen Schlupfwespen sie tatsächlich nicht stechen werden, sondern es ausschließlich auf ihrer aller Feind, den Apfelwickler, abgesehen haben.

Der Münchner Gartenexperte Andreas Modery bläst ins gleiche Horn. Endlich würde mal ein Landkreis in die Offensive gehen. „Ich finde es großartig, daß endlich jemand der chemischen Keule die rote Karte zeigt. Hier wird nämlich Mutter Natur auf natürliche Weise geholfen.“ Die Räuber-Beute-Beziehung werde genutzt, um einen Schädling in die Grenzen zu verweisen. Ganz einfach war es nicht, denn der Hersteller der Schlupfwespenkärtchen hatte nicht mit einer Großbestellung wie der aus dem Landkreis Dillingen gerechnet. „Bis zu 1.000 Schlupfwespenkärtchen hatte der vorrätig. Bei dreimal 14.000 staunte der nicht schlecht“, erinnert sich Kreisgartenfachberater Huber. Aber schließlich konnte die Bioarmee doch noch rechtzeitig geliefert werden.

Jetzt sind sie alle gespannt auf den Herbst, auf die Apfelernte und die Ergebnisse. Klaus Wittmann

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