Murphy's is good for you Von Martin Sonneborn

Einmal, vor fünf Jahren nämlich, wollte die angesehene und für ihre Produkte geschätzte Firma Guinness ihren Umsatz steigern: Eine Anzahl hochqualifizierter Denker und Wissenschaftsforscher setzte sich an einen langen Tisch, trank dort sinnierend eine beeindruckende Menge Guinness weg und kam zu dem Ergebnis, daß man dieses fortan auch in Dosen verkaufen wolle.

Nun ist aber Guinness – genau wie das noch einen Tick herrlichere Murphy's – ein Bier, auf dem der interessierte Käufer gerne eine feincremige Schaumkrone erblickt. Um diese Zierde auch aus der Dose zu bieten, setzten sich eine Anzahl hochqualifizierter Techniker und Weltraumforscher an einen langen Tisch, trank dort sinnierend eine beinahe ungeheure Menge Guinness weg und kam zu dem Ergebnis, daß theoretisch eine Dose existieren könne, die Schaum spendet. Man müsse sie nur entwickeln, einen Prototypen bauen, den ausgeklügeltsten Testverfahren unterziehen, die ein menschliches Hirn zu erdenken in der Lage sei und ihn zur Serienreife bringen. Nur dürfe man nicht vergessen, vorher die Bereitschaft des Marktes zu erkunden.

Eine wohldosierte Spanne Zeit später bekamen Herr Krähe und ich über Mittelsmänner eine Anfrage, ob wir die Bereitschaft des Berliner Marktes zu erkunden bereit wären. Wir setzten uns an einen langen Tisch, tranken dort sinnierend eine nahezu exorbitante Menge Guinness weg und kamen zu dem Ergebnis, wir wären. Die nächsten Tage, die Gott uns schenkte, verbrachten wir damit, in Moabit wildfremde Männer auf ein gefälliges Bier einzuladen, freundlich ihre Trinkgewohnheiten zu katalogisieren und sie neuentwickelte Guinness-Dosen testen zu lassen. Leider aber stellte sich schon bei der Kontaktaufnahme mit den mittäglichen Moabiter Passanten eine gewisse Interesselosigkeit am nunmehr schaumstolzen Guinness heraus. Auf unsere unverfängliche Begrüßung „Guten Tag. Mögen Sie Bier?“, entgegnete man höflich: „Ich habe die ganze Nacht gesoffen, irgendwann is Schluß!“

Bzw. „Ja. Bis gestern schon. Aber heute geh' ich auf Entzuch!“ Oder gar „Hicks?“. Ferner wurde uns im Laufe der Erhebung offenbar, daß der durchschnittliche Moabiter zwar ca. „1 Flasche pro Stunde“ (auf Arbeit, später mehr) leert, keinen „Lappen“ mehr hat und sein Wochenende mit freundlicher Unterstützung von 48 Schultheissdosen zu verbringen geruht, aber „keen Interesse“ hat an „brauner englischer Plörre“, „Pfütze“ bzw. „schwarzer Suppe“. Herr Krähe und ich meldeten dies gen Irland, welches sich jedoch seltsam unbeeindruckt zeigte.

Dann setzten wir uns an einen langen Tisch, tranken dort sinnierend die fast namenlose Menge übriggebliebener Testdosen-Guinness weg, und kamen zu dem Ergebnis, daß wir fortan Murphy's den Vorzug zu geben hätten. Fünf Jahre später wollte die angesehene und für ihre Produkte geschätzte Firma Murphy's ihren Umsatz steigern: Die üblichen Experten setzten sich zusammen, kippten die übliche Menge Murphy's und beschlossen, ihr Flaschenbier fortan mit einem schaumerzeugenden Plastikbällchen zu versehen. Seitdem trinken Herr Krähe und ich gar nicht mehr. Halt! War nur Spaß! Muß heißen: Stout nur noch vom Faß.