Alle Aktien fliegen hoch!

■ Börse an der Wall Street legt vor, auch der deutsche Dax steigt immer schneller

Berlin (taz/rtr) – Alan Greenspan hat am Dienstag in Washington gesprochen, und er war gar nicht böse: Der legendäre Chef der US-Zentralbank warnte nicht vor einem zu hohen Aktienkurs, sondern lobte überraschend die „außergewöhnliche Wirtschaftslage“ in den Staaten. Trotz hohen Wachstums und rekordverdächtig niedriger Arbeitslosenzahlen sei die Inflation gering.

Damit war der Startschuß zu einer neuen Rallye an den Börsen gegeben. Denn Greenspan hatte damit durchblicken lassen, daß er die Zinsen in nächster Zeit nicht verändern wird, weil die Inflation ja nicht gebremst zu werden braucht. Also gingen die Anleger nicht raus aus den Aktien, um eventuell höhere Zinsen der Staatsanleihen zu genießen, sondern setzten weiter auf die Börse – der Wall-Street-Index Dow Jones stieg auf einen neuen Rekord von 8.062 Punkten.

Die Börsianer in Frankfurt folgten zuerst brav wie meist dem New Yorker Vorbild. Als dann gestern einige deutsche Banken neue Rekordumsätze in ihren Halbjahresbilanzen meldeten, schoß der Dax sogar um über vier Prozent auf 4.406 Punkte hoch. Der Ansturm der Käufer war zum wiederholten Mal so hoch, daß die Börsencomputer zusammenbrachen.

Laut Rolf Breuer, Chef der Deutschen Bank, wird die Luft am Aktienmarkt „allmählich dünn“. Ein Börsenspezialist der Dresdner Bank sah hingegen den Dax binnen zwei Wochen die 5.000er- Marke durchbrechen. Die deutschen Aktien wurden international gesehen diese Woche nicht wesentlich teurer, weil viele Großanleger angeblich aus Angst vor einem schwachen Euro ihre D-Mark verkauften. Dadurch stieg der Dollar auf über 1,83 Mark.

Bruce Steinberg, Chef-Volkswirt der US-Investmentbank Merril Lynch, sieht die Inflation derzeit so schwach, weil die US-Wirtschaft wegen des globalen Wettbewerbs die Preise nicht erhöhen könne. Statt dessen würden Kosten gesenkt, meinte Steinberg in der International Herald Tribune. Die starke Inflation der Nachkriegszeit sei nur möglich gewesen, weil einige wenige Konglomerate die jeweiligen Märkte beherrscht hätten und die Staaten zuviel Einfluß auf die Wirtschaft genommen hätten. rem