Zu groß, zu breit, zu romantisch geraten

■ „Bravo für große Mädchen“: Perfekte Klischee-Vorstellung zweier XL-Künstlerinnen

„Non, rien de rien!“warnt singend die eine. „Non, je ne regrette rien!“flötet die andere, rammt ein Messer in ihr angehimmeltes Nutella-Glas und lutscht es lustvoll ab. Das hier sind Kai-Maren Taafel und Claudia Kühn, sie spielen das Stück Bravo für große Mädchen im Café Uferlos. In dieser kleinen Lieder-Revue geht es um zwei Freundinnen, die ein bißchen zu groß und zu breit und zu romantisch geraten sind für die schicke Welt von heute – und die einander beistehen, maßregeln, lieben, hassen und schlagen.

Dazu singen sie Lieder wie „Für dich tu ich fast alles“, „Take a chance on me“, „Mister Sandmann, bring mir 'nen Mann“und andere hübsche Sachen, so daß aus ihrem Programm eine perfekte „Klischee-Vorstellung“wird, wie es auch im Untertitel heißt. Achtmal haben sie Bravo im Juni schon aufgeführt, und weil sie damit unerwartet erfolgreich waren, geben sie ab heute abend noch zehn weitere Vorstellungen.

Bisher haben Kai-Maren Taafel und Claudia Kühn vor allem Engagements bei kleineren Musical- und Filmprojekten gehabt, Bravo ist ihre erste eigene Produktion. Sie machen das, um sich den Traum vom eigenen Projekt zu erfüllen, aber auch, weil Schauspielerinnen im XL-Format es am Theater nicht immer ganz leicht haben. „Mit meinen 1,85 Metern überrage ich bei Castings häufig alle männlichen Bewerber – meine Körpergröße ist für viele Regisseure schon ein bißchen umständlich“, erzählt Claudia Kühn.

Jetzt hat sie gemeinsam mit ihrer Kollegin den Spieß einmal umgedreht, sich selbst eine Regisseurin, Nadja von Samson, ausgesucht und gnädig befunden, daß auch zwei Männer mitmachen dürfen: Andreas Schmoock spielt einen Psychologen, der hin und wieder Erklärungen über das weibliche Single-Verhalten einwirft, und Paul Baeyertz spielt Klavier. Ansonsten funktioniert Bravo ohne Hilfsmittel, nicht einmal Mikrofone kommen zum Einsatz, mit ihren kräftigen Stimmen können die „Mädchen“das kleine Theater gut ausfüllen.

Über ihren Erfolg freuen sich die Schauspielerinnen nicht nur aus Eitelkeit. Sie hatten vor der Bravo-Premiere auch inhaltliche Zweifel: „Wir stellen die weiblichen Schwächen ja sehr kraß dar“, sagt Claudia Kühn, „und wer will, kann das als Frauenfeindlichkeit bewerten. Aber mittlerweile haben sich einige Frauen das Stück schon dreimal angesehen. So konnten wir glücklich feststellen: Auch andere Frauen lachen herzlich über ihre eigene Dämlichkeit.“Nele-M. Brüdgam

heute bis Sonntag, 20 Uhr, Café Uferlos, Barmbekerstraße 62