■ Israel: Netanjahu verunmöglicht die Rückgabe des Golan: Gewalt, Terror, sogar Krieg
„Bibi lügt jeden an, und jeder weiß, daß er von ihm angelogen wird. Und er weiß, daß es jeder weiß.“ So urteilte der Kommentator Yoel Marcus über Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in der Tageszeitung Haaretz vor knapp zwei Wochen. Und meinte damit vor allem die schäbige Art und Weise, in der Ariel Sharon als designierter Finanzminister ausgebootet worden war. Nach der Abstimmung über das Golan-Gesetz im israelischen Parlament muß man dem wohl eine kleine Einschränkung hinzufügen. Die Abgeordneten der Oppositionsparteien schienen zumindest bis zum Mittwoch dieser Woche noch zu glauben, daß die Regierung ihnen die Wahrheit sage. Letztere hatte nämlich erklären lassen, sie sei gegen die Gesetzesvorlagen, die eine Rückgabe der Golan-Höhen verunmöglichen sollen. Doch die Oppositionsabgeordneten wurden eines Besseren belehrt. Es war halt nicht so gemeint, wie es gesagt worden war, lautete Netanjahus schlichte Erklärung im nachhinein.
Über den innenpolitischen Schaden, den eine solche Haltung verursacht, werden die einen nur noch ratlos den Kopf schütteln, andere werden die Chuzpe des Regierungschefs loben und dritte das parlamentarische Chaos in der Knesset beklagen. Und alles wird so weitergehen wie bisher. Der außenpolitische Schaden dagegen ist in der Tat weitaus größer. Auch wenn die Vorlage noch zwei weitere Lesungen passieren muß und in den Ausschüssen abgeändert werden kann, eine Botschaft dürfte die Welt dennoch erreicht haben und das in unmißverständlicher Art und Weise: Das Motto „Land für Frieden“ gilt nichts oder wenig in Israels Politik. Ja, es hängt von zufälligen, wechselnden Mehrheiten ab. Oder schlicht davon, ob ein Abgeordneter auf den falschen Knopf drückt. Das ist mehr als nur unzuverlässige Politik. Das ist in der gegenwärtig so angespannten Lage zwischen Israel und der arabischen Welt, einschließlich den Palästinensern, ein Spiel mit dem Feuer.
Und es bestätigt den Vorwurf, der von PLO-Chef Arafat über Jordaniens König Hussein bis zu Ägyptens Präsident Hosni Mubarak erhoben wird: In Sonntagsreden und offiziellen Gesprächen hält Netanjahu am Osloer Abkommen fest, de facto und in der alltäglichen Politik tut er alles, um es zu unterminieren. Atmosphärisch werden die Gespräche aufgebläht, konkret gibt es nicht den geringsten Fortschritt. Eine solche Politik kann nicht ohne Folgen bleiben. Und die sind sattsam bekannt: Gewalt, Terror, ja sogar Krieg. Georg Baltissen
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