Abgeordnete im Visier des Verfassungsschutzes

■ Grünen- und PDS-Politikerinnen – in Bayern Staatsfeindinnen wegen Castor?

Berlin (taz) – Wenn es um die Proteste gegen Castor-Transporte geht, sehen bayerische Schlapphüte rot. Verwundert mußte die grüne Bundestagsabgeordnete Elisabeth Altmann jetzt feststellen, daß ihr Name in der jüngsten Ausgabe des Verfassungsschutzberichtes erwähnt wird – ausgerechnet in der Rubrik „Linksextremismus“.

Altmann, so heißt es in dem Jahresbericht 1996, habe eine Erklärung zur Schienendemontage am Kernkraftwerk Gundremmingen unterschrieben und zusammen mit einer Mahnwache am selben Ort „offen zu Straf- und Gewalttaten“ aufgerufen. Die Verfassungsschützer scheuten sich auch nicht, Altmann und die PDS-Parlamentskollegin Eva-Maria Bulling-Schröter in den Dunstkreis autonomer Gruppen zu rücken. „Ein Teil der Kernkraftgegner“ habe deren Gewaltbereitschaft übernommen, so der Bericht.

Altmann zeigte sich in einem Brief an den bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) empört. An der Mahnwache in Gundremmingen nähmen Menschen teil, die aus christlicher Überzeugung „vollkommen gewaltfrei“ gegen die Gefahren der Atommülltransporte demonstrierten. Auch habe die örtliche Presse vorab, mit Nennung ihres Namens, von der Protestaktion am 28. April 1996 berichtet. Als „Rufmord“ sieht Altmann auch den Umstand, daß im Bericht die Mahnwache mit Gewalttätigkeiten in Zusammenhang gebracht wurde.

Minutiös listet der Bericht unter anderem die Festnahme von 22 Personen wegen versuchter Sachbeschädigung auf. Nach Altmanns Erinnerung spielte sich die Szene aber ein wenig anders ab: Nach der Protestkundgebung und einem Gottesdienst hätten die „meisten Demonstranten“ den Platz friedlich verlassen – darunter auch sie selbst. Die Vermischung von friedlichem und gewalttätigem Protest durch die Verfassungsschutzbeamten ist nicht neu – so war es schon nachzulesen in einer Broschüre des Kölner Bundesamtes vom Dezember 1996. Severin Weiland