Gelbe Trikots als Verkaufsschlager

■ Telekom und Fahrradhandel setzen auf den Jan-Ullrich-Effekt

Berlin (taz) – Karin Buhrke zeigt stolz ihr nagelneues gelbes Trikot vor. Die Berlinerin mußte keine Tausende von Kilometer durch Frankreich strampeln, um das gute Stück zu bekommen. Als Telekom-Mitarbeiterin ließ sie sich einfach von einer Kollegin das Shirt in der richtigen Konfektionsgröße raussuchen. Nicht nur in dem Berliner T- Punkt finden gelbe, grüne und weiß-magenta-farbene Team- Telekom-Trikots seit Jan Ullrichs Tour-de- France-Sieg reißenden Absatz. „Auf unserer Hotline gehen täglich weit über tausend Anrufe ein“, sagt Ulrich Lissek, Sprecher der Telekom in Bonn. Telefonisch können hier die Fans von Jan Ullrich, Erik Zabel und Teamkollegen Trikots, Schirmmützen, Fahrradhelme, Trinkflaschen und allerlei anderes Equipment ordern; 28 Fanartikel weist die Werbebroschüre aus.

Mit ihrer Merchandising-Aktion wagt sich die Telekom erstmals auf fachfremdes Terrain. Noch wirken die windschnittigen Polyester-Anzüge in den Verkaufsstellen wie Fremdkörper neben Telefonen, Faxgeräten und Antragsformularen. Doch bald könnte die Telekom dauerhaft Trikots und Fahrradhandschuhe in ihr Sortiment nehmen, wenn sich in „drei bis vier Wochen“ herausstellt, daß die Absatzbilanz positiv ist, sagt Ulrich Lissek. Bisher bieten erst T-Punkte in zehn Städten das Radlerzubehör an.

Der Fahrradhandel hat ebenfalls längst erkannt, daß ihm das erfolgreiche Team Telekom manche Umsatzmark bescheren kann. Auch hier werden die Trikots mit Werbeaufdruck angeboten und gekauft, obwohl die Artikel erheblich teurer sind als bei der Telekom. Das traditionsreiche Fahrradfachgeschäft Machnow in Berlin-Schöneberg etwa bietet die Trikots zum Preis von 79 Mark an; bei der Telekom kosten sie 59. Machnow-Geschäftsführerin Edeltraud Dörr ist aber vor allem über den Absatz an Rennrädern begeistert. Jeden Tag verkaufe sie seit den Tour-de-France-Erfolgen schnelle Maschinen; deutlich mehr als vorher.

So ist man auch beim Verband des Deutschen Zweiradhandels in Bielefeld hoffnungsvoll, daß sich der sportliche Erfolg des deutschen Tour-Teams nachhaltig in der Absatzbilanz niederschlagen wird. Allein mit Rennrädern wird der Geschäftsaufschwung aber nicht zu machen sein, vermutet Verbandsgeschäftsführer Hans Friedrich Thoben. „Die machen bisher nur einen Anteil von zwei Prozent aus.“ Aber er ist optimistisch, daß der Imagegewinn für den Radsport auch auf den Hobbybereich ausstrahlt.

1996 wurden in der Bundesrepublik rund 4,6 Millionen Fahrräder verkauft – rund zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Der Boom der Mountainbikes ist inzwischen vorbei. Die Erfolge von Jan Ullrich und Co. sind für die Branche gerade richtig gekommen, bevor die Umsätze weiter in den Keller gehen können. Gudrun Giese