Gelage oder Spaßdiplom?

Betriebsausflug: Alle wollen Spaß, aber keiner will ins Festkomitee. Eine Jungunternehmerin hat die Marktlücke entdeckt  ■ Von Christine Holch

Wer macht mit im Festkomitee? Alles guckt auf den Boden. Jedes Jahr dieselbe Malaise: Alle wollen den Betriebsausflug, keiner mag ihn organisieren. Verständlich: „Die feiern, und ich hab' den Streß. Und wenn's nicht gefällt, hacken sie anschließend auf mir rum“, seufzen diejenigen, die sich dann doch haben breitschlagen lassen.

Da ist ein riesiger Bedarf, sagte sich Petra Lepsien, gelernte Hotelfachfrau und Touristikfachwirtin. Vor einem halben Jahr machte sich die 31jährige selbständig und eröffnete eine Agentur für „Betriebsveranstaltungen“. Im Unterschied zu den sogenannten Event-Agenturen bietet der Ein-Frau-Betrieb vor allem den „profanen Tagesausflug“an. Zum Beispiel für den Handwerksbetrieb mit 60 Angestellten.

„Wir wollen Spaß haben, einen geselligen Tag“– vage sind die Wünsche der Auftraggeber am Anfang. Petra Lepsien will erstmal wissen, wie groß das Budget ist. 130 Mark pro Person sind die unterste Grenze. Dafür könne man einen Bus chartern, einen Imbiß anbieten und abends ein Essen. Für die Ballonfahrt mit Essen müßte der Chef 500 Mark springen lassen. Steuerlich absetzbar sind 200 Mark.

„Wie aktiv wollen Sie sein?“lautet die nächste Frage. Nur spazierengehen oder schnupper-tauchen? In der Regel aber ist das Publikum so gemischt – reicht vom Lehrling über die Chefsekretärin bis zum Pensionär –, daß Lepsien eine Kombination empfiehlt: eine Strecke mit dem Rad und weiter mit Kanus, und einem Bus für die, die sagen „Da steig' ich nicht rein“.

Bei einem Betriebsausflug kann viel schiefgehen, weiß die Veranstalterin. „Die Leute arbeiten zwar immer zusammen, aber auf geselliger Ebene kennen sie sich nicht. Man kann sie also nicht einfach auf einen Dampfer setzen, schönes Essen servieren und dann sagen: Jetzt amüsiert Euch mal schön.“Die Leute wollen beschäftigt sein.

Immer wieder beliebt: die Nordfriesen-Olympiade mit Gummistiefel-Weitwurf, Boßeln und anschließendem Eintopfessen. Doch da lauert schon das nächste Problem: Es gibt immer „Muffel“, die „so einen albernen Kram“nicht mitmachen wollen.

Aber die Ausflugs-Spezialistin, die fast immer mitfährt, hat ihre Tricks: Sie trennt die Muffel und setzt sie in verschiedene Kutschen. Die Teams für die Jux-Olympiade werden sowieso nach dem Zufallsprinzip zusammengestellt. Allzu Zurückhaltenden vermittelt sie dezent, daß sie nicht hier sind, um eine gute Figur vor dem Chef zu machen, sondern um sich zu amüsieren.

Aber auch die Chefs wollen zufriedengestellt sein. „Die Leute wollen sich nur besaufen auf meine Kosten, das mache ich nicht mehr mit.“Kein Problem: Getränke ab 20 Uhr auf eigene Kosten. Oder: „Letztes Jahr mußte ich mit denen bis vier Uhr morgens sitzen.“Also: Nicht Schiffstour und dann Halodrio im Restaurant mit open end, sondern ein „klarer Schnitt“: Das Schiff legt um 23 Uhr an. Und aus is.

So dankbar viele Personalleiter für diese Dienstleistung sind, manchmal wird das Angebot der Jungunternehmerin auch vehement abgelehnt: „Ich mach das selber“, sagt da zum Beispiel eine Sachbearbeiterin, „das ist nämlich im ganzen Jahr noch das Attraktivste an meinem Job, das laß ich mir nicht wegnehmen.“