■ Multikulti-Presse
: Berliner Kulturzeitschrift

Die Frühlingsausgabe war noch pechschwarz – aus Solidarität mit der türkischen Protestaktion „Eine Minute Dunkelheit für eine saubere Politik“. Nun, im Sommer, lacht ein Bündel knallbunter Luftballons von der Titelseite. Die kleine Berliner Kulturzeitschrift Yazinca kämpft sich langsam an professionelles Niveau heran. Immerhin so bekannte türkische Schriftsteller wie Aziz Nesin, Ali Balkiz oder Fakir Baykurt haben hier schon veröffentlicht. Die meisten Artikel freilich schreiben die zehn deutsch-türkischen Studenten aus Berlin selber, etwa zu gleichen Teilen türkisch und deutsch: Besonders gelungene Germanistik-Referate, Gedichte, Reportagen über die kulturelle Vielfalt in Berlin, Hintergrundartikel über Islam und Politik und natürlich, wenn es sein muß, über Ausländerpolitik. „Auch den Bogen zur Türkei versuchen wir im Auge zu behalten“, meint Hülya Turhan, die gerade ihre Diplomarbeit über HipHop als fünfteilige Serie in Yazinca veröffentlicht hat. Zuvor allerdings wird jeder Artikel von der gesamten Redaktion – sieben Frauen gegen nur drei Männer – gegengelesen und notfalls gnadenlos zerpflückt. „Nachher reden wir aber wieder ganz normal miteinander“, meint Gülistan Türk beruhigend.

Begonnen hat Yazinca – auf deutsch etwa „literarisch“ oder „sobald man schreibt“ – vor vier Jahren als Literaturzeitschrift bei einer Weddinger Jugendgruppe, später wechselte sie an die senatsgeförderte Werkstatt der Kulturen. „Heute gibt es nicht so viele Jugendliche, die sich für Literatur interessieren.“ Im letzten Jahr nun hat die Werkstatt der Kulturen die bisherigen Zuschüsse gestrichen, und der jungen Redaktion weht der rauhe Wind der Marktwirtschaft ins Gesicht. Dabei haben sie noch Glück: Beim türkischen DeltaPrint Verlag können sie ihre Zeitschrift vom Layout bis zum Zusammenheften in mühsamer, aber kostensparender Handarbeit selber produzieren. Zuletzt fand sich ein Döner-Hersteller als Sponsor, und nun soll endlich auch der Vertrieb verbessert werden. Etwa 120 Abonnenten hat Yazinca bereits, in Deutschland, der Türkei, den USA, Kanada und im Iran. Die Gesamtauflage ist soeben auf 1.000 Hefte geklettert, die meisten werden in Cafés und Buchläden verteilt. Nun, so die neuesten Pläne, wollen sie endlich an die Kioske gehen. Martin Greve

Yazinca: Birikim Jugendinitiative, Wissmanstr. 32, 12049 Berlin,

internet: http://www.cs.tu-berlin.de/;yazinca/yazinca.html