■ Vorschlag
: Nichts als die Liebe: „Truly, madly, deeply“ von Anthony Minghella

Leidvolle Erfahrungen mit dem Ende von langjährigen Beziehungen dürften wohl niemand ganz unbekannt sein. Manchmal kommt es gar so knüppeldick, daß die Zwiesprache mit dem/der Verflossenen bis in alle Ewigkeit weitergeht. So auch bei Nina in Anthony Minghellas Film „Truly, madly, deeply“ (deutscher Titel: „Wie verrückt & aus tiefstem Herzen“). Nina (Juliet Stevenson) ist eine in den besten Jahren stehende, starke, mütterliche, lebenslustige und politisch korrekt denkende Frau, die es nicht schafft, den drei Jahre zurückliegenden Tod ihres Gatten Jamie (Alan Rickman) zu verwinden; Jamie ist für sie weiterhin präsent und leuchtet so manche Ecke ihres Daseins aus. Trotz einer Menge um Nina buhlender Männer, trotz Trauerarbeit mit Hilfe einer Psychotherapeutin kommt es schließlich zu der leibhaftigen Rückkehr von Jamie aus dem Reich der Toten: Orpheus und Eurydike revisited, zumal Jamie in seinem früheren, diesseitigen Leben Cellist war.

Inszenierte Minghella vor kurzem mit „Der englische Patient“ großes Gefühlskino, so präsentiert er auch in dem 1990 gedrehten „Truly, madly, deeply“ das Leben meist von seiner ernsten, nachdenklichen und schwermütigen Seite. Anfang und Ende, die Liebe und wirklich keine anderen Kleinigkeiten. Selbst wenn des öfteren der Versuch gestartet wird, die Leichtigkeit des Seins durchschimmern zu lassen, bewegt sich Minghella doch am liebsten hart an den Grenzen von Schmerz und Schmalz: Minutenlang greint sich Nina auf der Couch ihrer Therapeutin aus, oder sie dekliniert mit Jamie ihrer beider Liebe durch: „Ich liebe dich“, sagt Jamie, „innig, getreulich, ewig und aus tiefstem Herzen“, ergänzt Nina, und schier endlos geht dieses Liebesgeflüster dann hin und her. Auch die Kamera will da nicht zurückbleiben: Unerbittlich fängt sie jede einzelne Pore aus Ninas Gesicht ein, jede Strähne von Jamies Haarschopf zeichnet sie nach, und wirklich keine Träne darf unbeobachtet die Wange herunterrollen.

Daß es mit Jamie und seinen Getreuen aus der Unterwelt, die sich auch bei Nina einquartiert haben, keine Zukunft gibt, dämmert Nina dann, wie kann es anders sein, bei der Niederkunft ihrer chilenischen Freundin Maura. Alte Lieben fressen doch keine neuen Leben, um es mit einer abgewandelten Zeile von Tobias Gruben zu sagen, und wenn dann Jamie ein Gedicht von Pablo Neruda spanisch rezitiert und Nina jede Zeile wehmütig übersetzt, spätestens dann weiß auch der größte Träumer, wem hier die Stunde schlägt. Gerrit Bartels

Bis zum 13.8., 22 Uhr im fsk, Oranienplatz