■ Mit glücklichen Schweinen auf du und du: Zucht im Freien
Langendorf (taz) – Schweinezucht im Freien ist nicht nur umwelt- und artgerecht, sie rechnet sich auch. Wie das geht, zeigt das Beispiel der Bauern Claudia und Andreas Müller im hessischen Wohratal-Langendorf: Die beiden stammen von einem Hof mit traditioneller Schweinemast und haben dennoch schon 50 Muttersauen samt Nachwuchs draußen rottenweise in kleinen Hütten auf Parzellen in Kleingartenformat.
Schweine sind reinliche Tiere, sie treten ihren Kot in die Erde, nur einmal pro Woche erneuert der Bauer das Strohlager auf den Holzböden. Selbst bei Frost reicht die Körperwärme als Heizung aus. Die Universität Gießen, die das Projekt begleitet, hat bei minus 18 Grad außen immerhin noch plus 15 Grad in den Hütten gemessen.
Die mächtigen Tiere erwarten ihren Besitzer im „Vorgarten“. Ohne Bedenken lassen sie ihn an ihre herumwuselnden Ferkel heran. „Die Schweine sind sehr gesund und verhalten sich äußerst ausgeglichen, weil sie sich frei bewegen können“, sagt Müller. Das spart Geld – die Bauern haben nur ein Viertel der sonst üblichen Kosten für Tierarzt und Medikamente. Antibiotika, anderswo sogar präfentiv verabreicht, werden nur bei seltenen Erkrankungen eingesetzt.
Natürlich verläuft auch die Geburt: Von der üblichen künstlichen Einleitung des „Abferkelns“ hält man in Langendorf ebensowenig wie von künstlicher Besamung. Man steht eben auch nachts zur Geburtshilfe bereit, falls mal ein Ferkel querliegt. Oft erledigt sich ein solcher Fall aber von selbst, weil die Sau eine Runde laufen kann.
Die gängige Massenzucht ist spezialisiert: Die Ferkel werden bei einem Gewicht von zehn Kilo zum Ferkelaufzüchter transportiert, der sie mit 30 Kilogramm an den Schweinemäster weiterreicht. Aus dessen Stall wandern sie zum Schlachthof, wenn sie 120 Kilogramm wiegen. Die Ortswechsel quer durch die Republik begünstigen die Schweinepest.
Die Müllerschen Ferkel dagegen machen keine Fernreisen. Sie wachsen – vorläufig noch – im eigenen Stall im Dorf bis zur „Schlachtreife“ heran. Natürlich stammt auch das Futter aus Eigenanbau, nur Mineralstoffe werden zugekauft. Ein Düngen der Felder erübrigt sich ebenso wie der Einsatz von Pestiziden – beide Aufgaben erledigen die Schweine. Sie sind in die Fruchtfolge einbezogen, und ihre Anlage wird jährlich hangauf oder -abwärts umgesetzt.
„Freilandhaltung ist weniger arbeitsintensiv“, sagt Andreas Müller – und lohnend. Die Eltern packen mit an, der Hof ernährt und beschäftigt drei Generationen. Ursula Wöll
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