Der Mann fürs Grobe

Anschreien, drohen, Papiere hinwerfen: Die Ausländerbehörde hat einen Spezialisten für rückkehrunwillige BosnierInnen  ■ Von Silke Mertins

Das Zimmer 517 in der Ausländerbehörde ist eine schlechte Adresse. Hinter dieser Tür sitzt der Spezialist für schwierige Fälle: Sachbearbeiter M. (Name in der Redaktion zu erfragen) befaßt sich mit BosnierInnen, bei deren „freiwilliger Rückkehr“nachgeholfen werden muß. In schwarzer Lederhose, die Füße auf dem Tisch, empfängt er die Flüchtlinge. Die Vignette ist bereits in den Paß geklebt, die Ausreiseerklärung liegt daneben. Auf dem Flur schlendern bewaffnete LKA-Beamte.

Vier eidesstattliche Erklärungen hat die Bürgerinitiative ausländische Arbeitnehmer in Wilhemsburg zusammengetragen, die das immer gleiche Vorgehen in der Abteilung für BosnierInnen bei den Buchstaben I-P bestätigen. Für einen neuen, 370 Mark teuren Paß habe er kein Geld, und außerdem sei sein Leben zuhause in Gefahr, erklärte der 31jährige Mladen Kristic. „Darauf sagte er zu mir, daß meine Aussagen keinen Pfennig wert seien und drohte, mich verhaften zu lassen.“Dann habe er „raus“geschrien und mit dem Finger auf die Tür gewiesen.

„Der behandelt uns wie Strafgefangene“, sagt auch der 25jährige Igor Rajkic. Zusammen mit seiner Freundin wurde er zu Sachbearbeiter M. zitiert. Es sei „höchste Zeit, daß ihr aus Deutschland verschwindet“. Während des Gesprächs „machte er den Eindruck, als würde er uns jeden Moment schlagen“, erklärt der Flüchtling eidesstattlich. Aus Angst unterschrieb er.

Am schwerwiegendsten sind die Vorwürfe, die der Bosnier Ljubo L. erhebt. „Du, Arschloch!“habe M. ihn beschimpft und „kam mit seinem ausgestreckten Zeigefinger ganz nah an mein Gesicht heran“. Der Flüchtling, gegen den die Innenbehörde Strafanzeige wegen Verleumdung gestellt hat, schreibt weiter: „Er drohte mir mit der Polizei und sagte, daß ich ins Gefängnis komme.“Zum Schluß „nahm er meinen Paß, wedelte eine Weile und warf ihn auf den Boden mit den Worten: ,Raus aus Deutschland, eine Duldung bekommst du nicht, du kannst ja illegal in Deutschland leben!' Ich hob den Paß auf und schaute ihn an, er zeigte auf die Tür und sagte: ,Raus aus Deutschland, du Schweinehund.'“

Gegenüber der Wilhelmsburger Beratungsstelle wies Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) die Vorwürfe zurück. Von einer „menschenunwürdigen Behandlung“könne nicht die Rede sein. Ob die Beratungsstelle in der Ausländerbehörde „das Böse schlechthin sieht“, fragt Behördenleiter Ralph Bornhöft rhetorisch.

Derweil bekommen auch bosnische Babies eine Abschiebeverfügung. Der fünf Monate alte Edin Duran wurde aufgefordert, Hamburg zu verlassen. Die Eltern Remza und Hussein und Schwester Nadja haben noch eine Duldung. Sie kommen aus dem Teil Bosniens, wo vor zwei Wochen die Häuser moslemischer Rückkehrer angezündet wurden. Der Großvater gehörte zu den Opfern. Die Ausweisung des Babies sei „ein formaler Akt“, sagte Behördensprecher Norbert Smekal. Die ganze Familie müsse gehen.