„Lärmtaler wären eine feine Sache“

■ Beschwerden über Fluglärm am Bremer Airport / Siegmund Eibich von der Fluglärmkommission warnt vor Gesetzesänderung

Der Flugverkehr nimmt zwar zu, aber die Maschinen werden leiser. Obwohl der Krach deshalb meßbar abnimmt, sind AnwohnerInnen des Bremer Flughafens zunehmend unzufrieden. Über die Lage an der Einflugschneise und eine geplante Gesetzesänderung sprach die taz mit dem Vorsitzenden der „Kommission zur Abwehr von Fluglärm“, Siegmund Eibich. Der allerdings räumt gleich ein: Der Verwaltungsausschuß „Fluglärmkommission“könne gegen Verschlechterungen kaum etwas ausrichten.

taz: Bei diesem Wetter läßt man die Fenster am liebsten Tag und Nacht offen. Zugleich ist Hochsaison im Flughafen, da wird vermehrt über Lärm geschimpft...

Siegmund Eibich, Fluglärmschutzkommission: Ja, vormittags gegen 11, am frühen Nachmittag und zur berühmten 18-Uhr-Phase geht man besser ins Haus.

Aber im Vergleich zu Frankfurt oder München geht's den Bremer Flughafen-AnwohnerInnen doch gold?

Im Vergleich zu Frankfurt, München, Düsseldorf oder Hamburg haben wir, obwohl die Wohnbebauung dicht an den Flughafen heranreicht, relativ wenig Verkehr. Dennoch fühlen sich viele Menschen erheblich belastet.

Sie befürchten eine Verschlechterung in der nächsten Zeit.

Wir befürchten, daß sich eine objektive Verbesserung jetzt zum Nachteil der Flughafen-Umgebung auswirken wird. Im Fluglärmgesetz gilt der sogenannte equivalente Dauerschall als Maß aller Dinge. Das heißt, wenn zwischen sechs Uhr morgens bis Mitternacht alle Stunde eine Kanone mit fürchterlichem Knall abgefeuert wird, würde aufgrund der kurzzeitigen Einwirkung der equivalente Dauerschallpegel sehr gering sein, obwohl der eigentliche Knall gesundheitsschädlichen Lärm macht, der unerträglich ist. Aber die kurzen Einzelereignisse werden mit einem speziellen Logarithmus gesondert berechnet – und bewirken, daß man rechnerisch sagen kann, daß der Dauerschall nicht mehr als ein bißchen Äste-Rauschen sei.

Eigentlich hat sich aber der Krach am Flughafen verringert?

Ja. Das ist genau das Problem. Der equivalente Dauerschallpegel sinkt, obwohl die Flugbewegungen zunehmen. Die Sorge der Kommission ist jetzt, daß aufgrund einer geplanten Gesetzesänderung, die das geschützte gebiet des „Lärmteppichs“wegen des geringeren Lärms der einzelnen Maschinenen verkleinert, Baubeschränkungen, die heute noch gelten, künftig entfallen sollen. Dann werden mehr Menschen in die Nähe des Fluglärms rücken. Dabei haben wir nicht weniger Beschwerden. Das zeigt, daß Bodenschallfelder – also Lärmteppiche – zwar kleiner werden, die Menschen dies aber ganz anders wahrnehmen.

Vergleichbar dem Zirpen der Grille in der Stille?

Das mag ja sein. Ich bin da immer sehr behutsam, weil ich nicht leide. Der Lärm ist da, mich stört er oft, aber ich leide nicht. Doch es gibt Menschen, die nachts aufwachen und nicht wieder einschlafen, wenn außer der Reihe ein Flugzeug fliegt. Deshalb fordern wir vom Bremer Senat, sich im Bundesrat bei der anstehenden Änderung des jetzt geltenden Lärmschutzbereiches zu enthalten. Wir möchten den jetzigen Lärmschutzbereich, diese Menschenschutzzone, erhalten.

Sie erwägen auch einen Lärmtaler.

Ja, es wäre eine schöne Sache – so wie auf Zigarettenschachteln, die über die Gefahren des Rauchens informieren – jedem Passagier zu sagen, daß er mit seinem Flug Menschen gefährdet und belastet. Wir dachten an einen kleinen Obulus von zwei Mark 50, die eingesetzt werden sollen, um Menschen, die keinen rechtlichen Schutz haben, dennoch vor Lärm zu schützen. Weil es aber keine Rechtsgrundlage gibt, rangeln wir noch darum. Die Frankfurter Fluglärmkommission hat dagegen beschlossen, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt als Eigentümer des Flughafens aufzufordern, eine solche Sondergebühr zu entrichten. Ob die Bremer Kommission einen solchen Beschluß übernehmen wird, hängt davon ab, wie es in Frankfurt oder Hamburg weitergeht. Fragen: Eva Rhode