Mexikos Opposition stimmt sich ab

■ Vier im Abgeordnetenhaus vertretene Parteien wollen der Regierung parlamentarische Spielregeln abtrotzen

Berlin (taz) – Die vier im mexikanischen Parlament vertretenen Oppositionsparteien haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt, um die parlamentarischen Gepflogenheiten den veränderten Mehrheiten anzupassen. In den vergangenen sieben Jahrzehnten hatte die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) immer über eine absolute Mehrheit verfügt. Nach den Wahlen vom 6. Juli dieses Jahres kommen die sozialdemokratische PRD, die konservative PAN, die Grüne Partei (PVEM) und die Partei der Arbeit (PT) auf zusammen 261 Sitze – gegen 239 der PRI.

Der am Montag abend verabschiedete Vierparteienkonsens ist kein inhaltliches Oppositionsbündnis. Er versucht lediglich, parlamentarische Spielregeln auch in Mexiko einzuführen. So soll der Parlamentsvorstand paritätisch besetzt und der Vorsitz im Rotationsverfahren abgewechselt werden. Im ersten Jahr soll die Opposition den Parlamentspräsidenten stellen. Dadurch soll sich auch die Debatte über die Regierungserklärung des Staatspräsidenten verändern – bislang ein peinliches Ritual, in dem der PRI-Parlamentspräsident dem PRI-Staatsoberhaupt die Unterstützung versicherte.

Zwar bezeichneten alle vier Parteien ihre Übereinkunft als „historischen Pakt“. Aber schon die Tatsache, daß man noch extra vereinbarte, wenigstens in den nächsten paar Wochen keine bilateralen Gespräche mit der PRI mehr führen zu wollen, um sich nicht kooptieren zu lassen, weist auf die Grenzen der Zusammenarbeit hin. Tatsächlich gelten die beiden kleinen Parteien PVEM und PT, die je acht Abgeordnete stellen, ohnehin als PRI-Satelliten, die bis heute kein eigenes Profil entwickelt haben. Und in den zentralen Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes kann sich die PRI darauf verlassen, daß die 122 Abgeordneten der konservativen PAN den neoliberalen Kurs der Regierung stützen.

So bleibt die PRD die einzige Partei, die der Regierung auch inhaltlich Paroli bieten will. Ihr Schicksal aber hängt weniger vom Parlament ab als davon, was Cauhtémoc Cárdenas, der frischgewählte PRD-Bürgermeister von Mexiko-Stadt, in den nächsten Jahren ausrichten kann.

Ungeachtet all dessen zeigte sich Oscar González Rodriguez, Sprecher der ewigen Regierungspartei, nervös ob des neuen Bündnisses: „Wir sind überhaupt nicht damit einverstanden, daß man im Block gegen die PRI verhandeln und einseitige Entscheidungen treffen will“, sagte er, „die Oppositionsparteien müssen verstehen, daß man die Demokratie nicht unter Ausschluß der PRI erreicht.“ Gestern wollte ein PRI-Vertreter mit den Oppositionsparteien über ihre Vorschläge verhandeln. Bernd Pickert