In der Todesstunde des Vulkan kommt Blohm+Voss aus dem Tal

■ Hamburgs Traditionswerft schreibt nach Roßkur schwarze Zahlen und baut schnelle Passagierschiffe

Das Aus für den Bremer Vulkan bedeutet nicht das Ende für die Deutsche Schiffbau-Industrie. Denn die Schiffbauer der Hamburger Traditionswerft Blohm+Voss freuen sich gleichzeitig mit der letzten Schicht beim Vulkan über gute Nachrichten.

Sowohl der Neubau- als auch der Reparaturbereich schreiben wieder schwarze Zahlen und haben sich nach einer brutalen Roßkur stabilisiert. Nun winkt ein Großauftrag, der die Beschäftigung auf der Werft bis nach dem Jahr 2000 sichern könnte. „Der Schiffbau hat eine Zukunft in Hamburg, es gibt eine Perspektive für die leidgeprüfte Belegschaft“, sagt Betriebsrat Otto Tetau.

Die letzten Hürden für den Großauftrag wird der Hamburger Senat am Dienstag aus dem Weg räumen, wenn er das geplante Geschäft zwischen Blohm+Voss und einer griechischen Reederei über die Lieferung von zwei schnellen Kreuzfahrtschiffen mit einer Bürgschaft von 136 Millionen DM absichert. „Das ist eine Sternstunde für Blohm+Voss“, jubelt Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus. „Ein Welthafen wie Hamburg braucht einfach eine Werft.“

Mit einer neuen Produktidee habe Blohm+Voss völlig neue Aussichten für die maritime Wirtschaft in Hamburg geschaffen, die auch Zulieferer und Subunternehmer verstärkt auf die Werft ziehen werde und die Position Hamburgs bei den Gesprächen um die geplante Werftenfusion in Deutschland deutlich verbessere.

Werftchef Herbert von Nitzsch will nicht verraten, welche Vorteile die neuen schnellen Passagierschiffe gegenüber den Produkten der Konkurrenz haben, ehe nicht der Auftrag unterschrieben ist. „Sie sehen aus wie abgewrackte Fregatten, also ohne Waffen“, sagt jemand, der die Pläne gesehen hat.

Damit wäre eine Innovation der Hamburger Werft am Markt erfolgreich, nachdem andere anspruchsvolle Entwicklungen der Hamburger sich nicht durchsetzen konnten. Blohm+Voss sieht sich selbst als Technologiewerft; dort tüfteln 400 Ingenieure aller Fachrichtungen an neuen Schiffstypen. „Das ist keine old-fashioned-Industrie, sondern High Tech“, sagt Rittershaus. „In einem Schiff steckt mehr moderne Elektronik als in einem Flugzeug.“

Neue Arbeitsplätze werden auf der Werft dennoch kaum entstehen. Im Neubau beschäftigt Blohm+Voss 1 000 feste Mitarbeiter, in der Reparatur 500 und im getrennten Industriebereich noch einmal 800. Dazu kommen nach Bedarf Zusatzkräfte anderer Firmen, oft ehemalige Blohm+Voss-Arbeiter.

Die Arbeit ist weitgehend flexibilisiert. „Wir haben in der Reparatur und im Neubau leistungsfähige, mittelständische Kompaktwerften geschaffen“, sagt von Nitzsch. Die Kosten wurden um 30 Prozent reduziert, die Effizienz noch deutlicher gesteigert. Damit könne die Muttergesellschaft Thyssen funktionierende Unternehmen in die Fusionsgespräche mit der zum Preussag-Konzern gehörenden Kieler HdW-Werft einbringen. Von Nitzsch: „Eine Fusion kann nur gelingen, wenn alle Unternehmen gesund sind.“Und mit einem Seitenblick auf den Vulkan: „Kranke kann man nicht gemeinsam in ein Bett legen, das haben wir leidvoll erfahren.“ Eckart Gienke, dpa