Das hat schon was. Aber was bloß?

Am Mittwoch diskutiert die Bürgerschaft über Entwicklung und Finanzierung der Hafen-City. So richtig dagegen ist niemand, aber Zweifel an Sinn und Nutzen mehren sich  ■ Von Heike Haarhoff

Die Barkasse schippert über die schmalen Fleete der Speicherstadt. Touristen bestaunen die backsteinroten Kontorhäuser, seit gut 100 Jahren Lager für Orientteppiche, Kaffee und Gewürze im Hamburger Freihafen. „Hat was“, murmelt ein junger Rheinländer. Dann, interessiert: „Kann man hier auch wohnen?“Leider nicht.

Aber südlich der Speicherstadt am Grasbrookhafen, wohin die Barkasse jetzt abbiegt, da soll es irgendwann im nächsten Jahrtausend möglich sein. Denn die Hamburger Innenstadt soll dorthin ausgedehnt werden, mitten in den Hafen hinein, auf einer Fläche fast so groß wie die Außenalster, mitsamt Büros, Handwerk, Gewerbe, Läden, Industrie und Wohnen, weiß der Kapitän. So jedenfalls hat es der Bürgermeister Anfang Mai verkündet. Dem Rheinländer will sich diese Vision der „Hafen-City“nicht recht erschließen: „Watt denn. Da sind ja noch Hafenkräne, ein Heizkraftwerk, ein Cellpap-Terminal – und überall Wasser.“

Vor ähnlichen Problemen stehen die Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft, die am Mittwoch über die Weiterentwicklung der Hafen-City sowie Anschubfinanzierungen hierzu (Kredite bis zu 110 Millionen Mark) entscheiden sollen. „Vernünftig“(CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust) bis „reizvoll“(GAL-Fraktionschef Willfried Maier) findet zwar selbst die Opposition die Idee der Hafen-City, die Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) jahrelang unter strengster Geheimhaltung mit einem kleinen Kreis aus Politik und Hafenwirtschaft vorantrieb. Deswegen werde die Hafen-City „an sich“auch kein unüberbrückbarer Streitpunkt bei eventuellen Koalitionsverhandlungen sein. Aber: „Sie birgt hohe finanzielle Risiken“, bringt der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU, Bernd Reinert, die Skepsis auf den Punkt.

Niemand weiß, wie „die lebendige Mischung aus Wohnen und Arbeiten“, für die Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD) ebenso inflationär wie unkonkret plädiert, zustandekommen soll. Denn mit der Hafen-City will der Senat zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Erlöse aus den Flächenverkäufen sollen sowohl die Herrichtung der City finanzieren als auch die umstrittene, mindestens 513 Millionen Mark teure Hafenerweiterung in Altenwerder.

„Diese Verknüpfung ist unseriös“, klagt GAL-Spitzenkandidatin Krista Sager. Die Erlöse reichten „bestenfalls“für die Hafen-City, glaubt auch die CDU nach Einsicht in die „Plausibilitätsrechnung“, die der Senat vergangene Woche zähneknirschend vorlegte. „Reichen die Überschüsse nicht, müßte Altenwerder eben über den Haushalt finanziert werden“, gestand der Senat, blieb aber ein entsprechendes Finanzierungskonzept schuldig.

Weiterer Knackpunkt: Abwickeln soll den Flächendeal die Gesellschaft für Hafen- und Standortentwicklung (GHS), eine hundertprozentige Tochter des stadteigenen Umschlagunternehmens Hamburger Hafen- und Lagerhaus Aktiengesellschaft (HHLA). Weil das wiederum Anspruch auf das Container-Terminal in Altenwerder erhebt, „haben wir hier keine Unabhängigkeit“, ärgert sich Reinert. Und betrachtet die optimistische „Studie zur Entwicklung des innerstädtischen Hafenrandes“skeptisch – der Hamburger Architekt Volkwin Marg, Professor an der Technischen Hochschule Aachen, erstellte sie im Auftrag der GHS.

Bauen im Hafen, warnten unlängst Bauexperten aus München und Frankfurt, sei „unglaublich teuer“: Sturmflutschutz und Aufschüttung der Flächen verschlängen Millionen. Straßen, Brücken müßten neu gebaut werden. Zudem fehle jegliche Infrastruktur (Kindergärten, Schulen).

Im Hafen, so auch die Erfahrung der Gesellschaft FGV, lassen sich nur mit Bürogebäuden Gewinne machen, weil die besser abschreibbar sind und hohe Mieten erzielen: Die FGV ließ deswegen jüngst ihr Wohnungsbauvorhaben an der Kehrwiederspitze fallen ...