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Neue Denke? Denkste

■ Arbeit umgestalten – durch Schwangerschaft und Auflösungsverträge

Ein Montag nachmittag im August 2006. Schichtwechsel bei der Kabinettssitzung in Berlin. Bundeskanzlerin Heide Simonis (SPD) übergibt den Posten an den neuen Regierungschef Joschka Fischer (Grüne). „Zyklisches Teilzeitmodell“nennt die Autorin Gisela Pettersson diesen Ausblick ins nächste Jahrtausend, den sie am Sonnabend auf einer GAL-Veranstaltung im CVJM an der Alster vorstellte. „Arbeit umgestalten – die Herausforderung für Frauen und Männer“lautete das Motto des Nachmittags, das nicht mehr als ein Dutzend Zuhörerinnen anlocken konnte.

„Es sei eine neue Denke am Werden“, frohlockte Pettersson und nannte als Beispiel ein bei den Draeger Werken für Medizintechnik in Lübeck beschäftigtes Elternpaar, das dem Nachwuchs zuliebe seine Wochenarbeitszeit auf je 25 Stunden reduziert habe. Daß bundesweit nur ein Bruchteil der Teilzeitarbeitsplätze von Männern eingenommen wird, verriet die Autorin nicht.

Andere Visionen entstammen direkt dem grünen Wahlprogramm: Erziehende sollen in den ersten zwölf Lebensjahren ihres Kindes insgesamt drei Jahre von der Erwerbsarbeit freigestellt werden. Das Entgelt soll sich an der Höhe des bisherigen Einkommens orientieren.

Die Betriebsrätin Brigitte Basler von DASA in Finkenwerder konnte den Zukunftsmusikerinnen auf dem Podium nicht beipflichten. „Trotz des Auftragsbooms kann bei uns von rosigen Zeiten keine Rede sein“, betonte die IG-Metallerin. Die Betriebsleitung versuche mit dem Hinweis auf die Konkurrenzfähigkeit ganz massiv, die Kosten zu senken. „In der vorangegangenen Krise haben sich Frauen als besonders flexibel erwiesen“, so Basler; viele der älteren Frauen hätten sich für einen Auflösungsvertrag entschieden, jüngere hätten Schwangerschaft und Erziehungsurlaub vorgezogen.

Inzwischen wird auch wieder samstags gearbeitet, trotz 70.000 Überstunden wurden keine Forderungen nach Neueinstellungen laut. „Gemurrt“, so Baslers kurze Beschreibung der aktuellen Arbeitswelt, „hat niemand“.

Lisa Schönemann

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