„Blohm + Voss ist kein Kerngeschäft“

■ Klaus Mehrens, Aufsichtsrat von Blohm+Voss und Hamburger IG Metall-Chef, über die Zukunft der Werft

taz: Wieso kann die Kieler Werft HDW behaupten, sie könne Blohm + Voss locker aufkaufen, sie habe 1,7 Milliarden auf der hohen Kante?

Klaus Mehrens: Alle Werften, die militärisch arbeiten, haben einen Haufen Geld, weil sie gigantische Anzahlungen bekommen von ihren Auftraggebern. Auch Blohm + Voss hat mehrere hundert Millionen.

Im Gespräch ist eigentlich, daß die Blohm + Voss-Mutter Thyssen und die HDW-Mutter Preussag ihre Werften fusionieren wollen. Warum tun Konkurrenten sowas?

Die konkurrieren ja nicht nur. Kooperation gibt es seit langem im militärischen Sektor: U-Boote zum Beispiel werden arbeitsteilig gebaut.

Jetzt geht es aber nicht nur um Kooperation, sondern um Fusion – das ist bedrohlich für Blohm + Voss.

Ja, die Situation hat sich dadurch zugespitzt, daß der Thyssen-Konzern sein Produktspektrum analysiert hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Werften nicht zum Kerngeschäft des Konzerns gehören. Und daß man für die Werften Partner suchen sollte.

Die Mutter-Konzerne wollen also einzelne Werften aufgeben?

Nein, denn die militärische Produktion ist sehr lukrativ, aber sie wollen ihr Risiko vermindern.

Hätte eine Fusion nicht auch Vorteile, um am Weltmarkt bestehen zu können – durch Bündelung der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten zum Beispiel?

Das fordern die Gewerkschaften seit Jahrzehnten. Aber bisher dienten Kooperationen nur der defensiven Kostenreduzierung. In Hamburg ist ja fast die Hälfte der Belegschaft rausgeschmissen worden. Der Neubau hat allerdings gegenwärtig eine gute Rentabilität.

Vor allem durch die Fregatten...

Ja, zur Hälfte etwa, aber auch durch die Yachten und durch die beiden Passagierschiffaufträge, die Blohm + Voss jetzt hoffentlich bekommt.

Wie gut steht Blohm + Voss wirklich da im Vergleich mit den anderen Werften, die fusionieren sollen? HDW hat ja ziemlich stark modernisiert.

Nun, Blohm + Voss hat investiert in mobile überdachte Baudocks, eine tolle Sache. Und es ist viel passiert bei der Verkürzung von Arbeitswegen auf der Werft. Aber Kiel hat schon mehr investiert als Hamburg. Dafür sind die gegen Auftragsschwankungen anfälliger. In Hamburg dagegen verfolgt die Geschäftsführung das Konzept, möglichst wenig Belegschaft und wenig gebundenes Kapital zu haben und bei Aufträgen mit Subunternehmern zu arbeiten.

Um was pokern Thyssen und Preussag jetzt?

Die streiten sich um die Bewertung, was jeder einbringt. Denn danach richten sich die Anteile an der neuen Gesellschaft. Die Reparatur ist natürlich einer der Knackpunkte, die Preussag-Werft HDW hat ihre Reparatur schon zugemacht.

Was hätte Hamburg im schlimmsten Fall zu befürchten?

Ich halte es keinesfalls für notwendig, daß Blohm + Voss geschlossen wird, der Neubau hat im Moment von der Renditeseite her eine prima Position ... Wir meinen, daß alle Standorte erhalten bleiben können, weil alle ein typisches Produktspektrum haben.

Die Betriebsräte der betroffenen Werften haben eine gemeinsame Arbeitsgruppe gegründet für den Erhalt aller Standorte. Die SPD-Länderchefs in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg hacken derweil auf den Werften des Nachbarlandes rum...

Stimmt, es gibt keine besonders freundschaftlichen Kontakte der Landesregierungen.

Fragen: Christine Holch