Alu-Deiche gegen den Blanken Hans

■ Senat: Hochwasser kann auch Bremen bedrohen / Rückhaltefläche und Alu-Wände sind die Alternativen zum alten Erdwall

Der deutsche Deich hat versagt. An der Oder wurde er unterspült, angenagt, aufgeschwemmt. Und dem Bremer wird weh ums Herz, denkt er an sein Häuschen zwischen Ochtum und Weser. Denn wer weiß, wann hier wieder eine Flutwelle anrollt.

Wie sich die Weser-Anlieger gegen Hochwasser schützen, wollte die umweltpolitische Sprecherin der SPD, Waltraud Hammerström von Umweltsenatorin Tine Wischer (SPD) wissen. „Ein paar Antworten“, so die Bremer Abgeordnete, „hat man mir schon jetzt geben können“. Ein Fluß-Hochwasser, wie wir es zuletzt an der Oder hatten, bedrohe besonders Hemelingen und Arsten und könnte flußabwärts bis zur Stephaniebrücke Schäden anrichten. „Bei einem Oberwasser aus der Mittelweser könnte die Überschwemmung auch zwei bis drei Wochen dauern“, berichtet Hammerström.

Der Senat denkt offenbar lieber nicht darüber nach, was passiert, wenn das Hochwasser aus der Weser hinter Bremen auf eine Sturmflut aus der Nordsee träfe. Diesen Fall hält die Umweltbehörde jedoch für äußerst unwahrscheinlich. Bei einer Sturmflut herrschten normalerweise andere Wetterbedingungen als bei einem Hochwasser aus dem Landesinneren, so das Argument des Senats.

Im Hamburger Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sieht man das anders: „Selbstverständlich kann ein durch starke Regenfälle hervorgerufenes Oberwasser im Frühling mit einer Sturmflut zusammenfallen“meinte gestern ein Meteorologe des Bundesamtes.

So wird auch in der Bremer Bürgerschaft verstärkt an Überschwemmungsflächen gedacht, in die das Wasser notfalls abfließen kann. „Welche Rückhalteflächen für Hochwassergefahren existieren in Bremen-Stadt, Bremen-Nord und Bremerhaven“hatte Waltraud Hammerström angefragt. „Für ein Hochwasser aus der Oberweser gäbe es in Bremen keine Rückhalteflächen“, so sei ihr jetzt gesagt worden. Und dabei habe sich selbst Helmut Kohl kürzlich für die Schaffung von Rückhalteflächen eingesetzt. Und auch von Seiten des Senats sei ihr jetzt bestätigt worden, daß man „jede Möglichkeit“nützen müsse „um den Flüssen ihren Raum zurückzugeben.“

Wenn in Brockhuchting Feuchtwiesen zu Wohngebieten würden, dann wäre dies also nicht nur ein ökologisches Problem. Zugleich versiegle man damit eine potentielle Wasser-Rückhaltefläche. Und auch durch die geplante Zuschüttung des Überseehafens und durch die Nutzung des Hochwasseraufnahmepolders zwischen Neustädter Hafen und Senator-Apelt-Straße werde der Stadt Bremen die Möglichkeit entzogen, Hochwasser abfließen zu lassen. Die Auswirkungen dieser Entscheidungen wolle der Senat jetzt überprüfen lassen.

Was also tun, wenn in Bremen das Wasser kommt? Beim Deutschen Feuerwehrverband in Bonn empfiehlt man zur Zeit verschärft ein Produkt der Kölner Firma Zetzsch, der „Gesellschaft für operativen Hochwasserschutz mbH“: Alu-Deiche. Die nämlich können nach Bedarf aus Einzelteilen auf- und abgebaut werden. Bei normalem Wasserstand sieht man nur ein schmales Betonband im Erdboden; Alu-Balken und T-Stützen lagern unter Dach und Fach – beispielsweise im Feuerwehrschuppen der Gemeinde. „Wenn die Flut dann anrollt“, so die Prokuristin der Firma, Claudia Kusch, „holt man die Alu-Balken aus dem Keller. Und innerhalb von einer Stunde bauen fünf Leute damit eine vier Meter hohe wasserdichte Wand über fünfzig Meter Länge.“Ein Kontrollanruf in Venlo, Holland, bestätigt die Selbstwerbung. An der Maas wurde die Alu-Wand über eine Strecke von 200 Kilometern installiert. In 84 U-förmigen Teilabschnitten – mal in einer Länge von drei Metern, mal über 150 Meter. Dazwischen wird bei Bedarf geflutet. Fünf Millionen Gulden (etwa vier Millionen Mark) habe die Sache gekostet, so der Angestellte der städtischen Wasserwirtschaft, Knopper, „but it is a good solution“.

Fragt sich nur, ob sich auch die Fremdenverkehrsvereine an der deutschen Nordseeküste für demontable Alu-Deiche begeistern können. ritz