„Die soziale Ruhe ist gefährdet“

■ Der Präsident der Universität Oldenburg, Michael Daxner, hält das neue Hochschulrahmengesetz für völlig unzureichend

taz: Sind Sie zufrieden mit der jetzt vorgestellten Reform des Hochschulgesetzes?

Michael Daxner: Es ist besser als nichts. Aber den Katalog hätte man auch an einem Wochenende bei Kaffee und Kuchen abhandeln können. Mir fehlen einige wesentliche Sachen: Wir brauchen eine neue Hochschulverfassung, die Hochschulen nicht mehr als Einrichtung des Staates definiert, sondern ihnen unterschiedliche Organisationsformen ermöglicht, wie zum Beispiel Stiftung, GmbH oder Verein.

Was fehlt in der Novelle des Hochschulrahmengesetzes noch?

Die Personalstruktur bleibt unverändert und damit fehlt die Nachwuchssicherung bei den Hochschullehrern. Die 5-Jahres- Frist ist nicht weggefallen: Wir müssen Leute nach fünf Jahren kündigen, wenn wir ihnen keine Dauerstelle anbieten können, ob sie gut sind oder schlecht. Das ist eine Katastrophe. Das allerschlimmste aber finde ich, daß man die Hochschulreform von einer Bafög-Reform abgekoppelt hat. Das ist verantwortungslos gegenüber den Studierenden und es gefährdet die soziale Ruhe an den Hochschulen. Wenn das unten explodiert, dann wird man die Qualität der Lehre nicht aufrecht erhalten können. Die Politiker werden nicht einen Millimeter Studienreform ohne Bafög-Reform hinkriegen. Sie werden die Leistungen der Studierenden nicht verbessern können, wenn über 50 Prozent beruftstätig sein müssen, um studieren zu können.

Gibt es bei der Reform gar keine wichtigen Durchbrüche?

Nein. Es ist eine kosmetische Reform. Uneingeschränkt positiv sehe ich nur, daß es in Zukunft an den Hochschulen Multimedia, eine Studienberatungspflicht und die neuen Abschlüsse Bachelor und Master geben wird.

Die Hochschulen können in Zukunft aber auch 20 Prozent der Studierenden sich selbst auswählen.

Das ist ein Sprengsatz, der mutwillig eingebaut wird, ohne Haftung der Hochschulen gegenüber den Studierenden. Es wird bei den Auswahlverfahren unmoralische Bauernfänger geben, aber auch elitäre Auswahlen. Damit haftet der Staat nicht für ein faires Verfahren gegenüber den Studierenden.

Wird sich durch die Reform an den deutschen Hochschulen irgendetwas ändern?

Das einzige, das ich mir von diesem Mini-Reförmchen erhoffe, ist: Die Diskussion selbst bekommt einen politischen Drive. Und es wird sicherlich nicht der letzte Entwurf sein. Aber ich habe ein flaues Gefühl. Es wird sich nicht viel ändern: Die Strukturen bleiben die alten und das finde ich schlimm.

Interview: Nicol Ljubic