Eltern boykottieren Kitakosten

■ Komitee "Umverteilung Juli" sammelt Gelder auf Extrakonto und möchte das Geld für Spielmaterialien zur Verfügung stellen. Protest gegen Gebührenerhöhung

Rund sechshundert Kreuzberger Eltern haben im vergangenen Monat die Kitabeiträge für ihre Kinder nicht wie üblich in die Bezirkskasse, sondern auf ein Extrakonto eingezahlt, um damit gegen die ständige Erhöhung der Beiträge zu protestieren. „Wir fordern, daß die gesammelten 51.000 Mark den Kitas zur Verfügung gestellt werden, um davon Spiel- und Lernmaterialien kaufen zu können“, begründet Eva Elkermann, Mitglied im Komitee „Umverteilung Juli“, den Boykott.

Die größte Belastung seien die immer höheren Kitagebühren, bemängeln die Eltern. So wurde vom Senat beschlossen, daß in diesem Jahr die Eltern erstmals zwölf Monatssätze zahlen müssen, obwohl die Kitas abwechselnd weiterhin einige Wochen im Sommer geschlossen sind. Im nächsten Jahr müssen Eltern maximal 560 Mark monatlich für einen Ganztagskitaplatz zahlen, es gibt keine Ermäßigung mehr für behinderte Kinder. Auch Eltern von Hortkindern müssen mehr berappen: Maximal 270 Mark monatlich statt 180 Mark. Zusätzlich gibt es im Senat Überlegungen, ob die Vorklassen in Schulen kostenpflichtig werden. In den 70er Jahren war ein Kitaplatz noch kostenlos. Nur 40 Mark Essensgeld mußte monatlich gezahlt werden.

Aber auch die Reduzierung des sogenannten Beschäftigungsgeldes, das für Spielmaterialen und Unternehmungen zur Verfügung gestellt wird, macht den Eltern Sorge: In Kreuzberg wurde es von 55 Mark 1995 auf 37 Mark in diesem Jahr im Kita- und Hortbereich gekürzt. Im Krippenbereich stehen nur noch 32 Mark pro Kind statt 45 Mark zur Verfügung. Gerade in Kreuzberg führten die Kürzungen zu einer massiven Verschlechterung der pädagogischen Qualität, sagte Elkermann. So werde in der Kita ihrer Kinder häufig nur noch mit Verpackungsmüll gebastelt, weil kein Geld mehr für andere Bastelartikel da sei. Nach Angaben des GEW-Vorsitzenden Erhard Laube habe es aufgrund der größeren finanziellen Belastungen schon vermehrt Abmeldungen in Kitas und Horten gegeben. Konkrete Zahlen konnte er jedoch nicht nennen.

Die Kreuzberger Eltern hoffen, daß auch andere Bezirke ihre Aktion nachahmen. Einige der teilnehmenden Eltern haben bereits Mahnungen von der Bezirkskasse erhalten, in denen ihnen eine Kündigung des Kitaplatzes angedroht wurde. „Umverteilung Juli“ will heute den bezirklichen Jugendhilfeausschuß dazu bewegen, das Thema in die Bezirksverordnetenversammlung einzubringen. Diese könnte nämlich die Rücknahme der Kürzungen des Beschäftigungsgeldes beschließen. Julia Naumann