Killer mit Therapeut

■ Mitleid für Killer. George Armitages Film "Ein Mann - Ein Mord" schlängelt sich gekonnt durch verschiedene Genres

Daß der Gangster auch nicht mehr das ist, was er mal war – spätestens seit „Pulp Fiction“ weiß das jedes Kind. Richtig sympathisch ist er in den Jahren des überall rollenden Tarantino-Sounds geworden: Als gebrochene Gestalt wird er zumeist präsentiert, als Mensch wie du und ich, der sein Leben nur schwer meistert, der ein bißchen Liebe und Frieden braucht und natürlich auch mal aufs Klo muß. Der Geist der Uncoolness weht da, und selbst wenn er noch so cool und busy durch die Filme läuft: Die Professionalität hat unter diesem Persönlichkeitswechsel arg gelitten.

Auch in George Armitages „Ein Mann – Ein Mord“ kann von einem eiskalt professionellen Mr. Beinhart keine Rede sein. Martin Q. Blank (John Cussack) ist ein Auftragskiller, den man vor allem und sanft in die Backe zwicken möchte, auf daß er sein Leben wieder auf die Reihe bekommt. Zwar sind es keine Gewissenbisse, die ihn von Berufs wegen plagen, doch irgendwie fühlt er sich ausgebrannt, leer, innerlich unruhig; Symptome, die Blank mit Hilfe eines Psychiaters (Alan Arkin) zu analysieren und therapieren versucht.

Und als ob ein Profikiller mit Psychiater nicht schon genug der Unvereinbarkeiten wäre, wird Blank auch noch zu einem Klassentreffen in seine Heimatstadt eingeladen. In diese fährt Blank auf ausdrücklichen Rat seines genervt wirkenden Psychiaters – nicht zuletzt aber auch, weil ausgerechnet hier ein weiterer lukrativer Auftrag auf ihn wartet.

Zunächst ist es für Blank jedoch die übliche, allerdings sehr unmelancholische Reise in die Vergangenheit. Er besucht seine Mutter, die in einem Altersheim verwirrt vor sich hin brabbelt, läuft einer alten Lehrerin vor den Toren der Schule über den Weg, trifft einen Schulfreund, dem er arglos von seinem Job erzählt (was diesen überhaupt nicht stört), und stöbert zu guter Letzt auch seine Jugendliebe (Minnie Driver) auf, mit der er, wie soll es anders sein, auch wieder heftig das Flirten anfängt. Daß Blank dabei seinen Auftrag etwas aus den Augen verliert, versteht sich von selbst, und als er dann in einem Supermarkt sich eines auf ihn angesetzten Kollegen erwehren muß, bekommt die therapeutische Reise den ersten Knacks.

Mal heiteres Rührstück, mal Groteske, mal Actionfilm: „Ein Mann – Ein Mord“ schlängelt sich gekonnt durch Genres, und selbst wenn man sich manchmal nach Strich und Faden verarscht fühlt und aufschreckt wegen der nebenbei zelebrierten Gewalt – im Zweifelsfall lacht man doch, wenn wieder einmal Blut geflossen ist und dann die 99 Luftballons von Nena die nächste Szene musikalisch begleiten (kein Scheiß! – schließlich weiß ein Joe Strummer, der früher bei den Clash für die Vocals und hier für den Soundtrack zuständig war, was sich gehört).

Getan ist es für Blank also nicht damit, ein paar Erinnerungen aufzufrischen und die alte Liebe zu ehelichen. An allen Ecken lauern sie, die Kollegen und Feinde aus dem Berufsleben. Vor allem Grocer (Dan Akroyd) bedrängt ihn, zum einen, weil Blank immer die besseren Aufträge hat, zum anderen, weil er sich weigert, in die von Grocer gegründete Gewerkschaft (!) für Profikiller einzutreten. Lustig gangster-parodistischer Höhepunkt ist dann die Szene, in der Blank und Grocer ihre Angelegenheit bei einem Diner verhandeln.

Beide wirken furchtbar lächerlich, wie sie sich da unruhig gegenübersitzen: Grocer mit der Pistole in der rechten Hand, die braune Papiertüte darübergezogen, Blank mit beiden Händen unter dem Tisch, natürlich die Wumme verbergend. So hat Blank dann auch noch einige Kämpfe und Zwischenfälle between good and bad and evil durchzustehen, bis ihn endlich und endgültig das Schicksal ereilt, das er verdient. Gerrit Bartels

„Ein Mann – Ein Mord“. Regie: George Armitage. Drehbuch: Steve Pink/D.V. De Vincentis. Mit John Cussack, Minnie Driver, Alan Arkin u.a. USA 1997