What's hot, what's not
: Von Baum zu Baum

■ Actionhelden – wir lieben sie, wenn sie faken: Geschmack in und um Hollywood

So lieben wir sie, unsere Actionhelden: Sie kicken die Bösen mit dem rechten Zeh quer durchs Hotelzimmer, bräunen lässig in vollem Galopp auf schweißigen Pferderücken, ziehen sich an einem Finger die steilste Bergspitze hoch und beenden den Tag ohne einen Kratzer. Bruce Willis im kleinen Feinrippunterhemd, das seine Oberarme perfekt zur Geltung bringt. Arnold Schwarzenegger, das Viereckkinn regungslos, und Kurt Russell, wie er im Smoking, gerade einem festlichen Bankett enteilt, in einer Delta-Linienmaschine mit arabischen Terroristen aufräumt... Aaah! Aber sind unsere Prinzen auch im wirklichen Leben so schnell, stark und smart? Und – müssen sie es überhaupt sein?

Schieben Sie es nicht auf mögliche Feigheit, Leser. Actionhelden sind arme, unfreie Menschen, denen strenge Versicherungsklauseln und vorsichtige Produzenten das einfingrige Hängen an Bergspitzen verbieten. Würden sie auch noch so gern durch dreckige Kanalrohre rutschen, die in ihrem Rücken explodieren, sie dürfen doch nichts als im Luxus-Trailer Däumchen drehen. Weswegen die Übersetzung des gern verlautbarten „Ich mache alle Stunts selbst!“ gemeinhin „Ich beobachte alle meine Stunts selbst!“ lautet. Den Rekord im Kontrast zwischen Image und Realität hält Arni Schwarzenegger, was man ihm gern verzeiht, denn niemand sonst kann – sein Altersfach, die Komödie, betreffend – so dumm aus der Wäsche gucken wie Arni, nicht einmal Steve Martin.

Niemand verwendet Stunt Doubles, Blue Screen oder digitale Clean-ups öfter als Schwarzenegger. Doch weswegen zeigt er nicht mehr seine Muskeln her – zu viele kleine gräßliche Törtchen gegessen? Kevin Costner ist ein athletischer Mensch, der zwar selbst rennt und auch mal springt, doch wenn es, wie in „Robin Hood“, darauf ankommt, sich fünfzehn Meter weit von Baum zu Baum zu schwingen, ruft er nach seinem Double. Klug natürlich, denn selbiges fiel bei der Tarzan-Rolle sofort mehrmals aufs Maul. Sly Stallone hingegen „ist kein Küken“, so der Trainer, der ihn monatelang für „Cliffhanger“ präparierte. „Er steckt die Prügel hübsch selbst ein, schon seit ,Rocky‘.“ Auch Jason Patric („Speed 2“) schickte seinen Stuntman ins Trockene und weichte selbst in der Karibik. „Jason ist ein Held, ganz so, wie ein Mann sein sollte“, schwärmte Co-Star Sandra Bullock.

Eine, mit Verlaub, dämliche Bemerkung, Sandra, auch wenn ich dich sonst gut leiden kann! Denn ehrlich: Welche Frau möchte schon einen Mann, der sich wie ein kleiner dummer Junge auf dem Schulhof prügelt? Schließlich finden wir nicht die kleinen Auftragskiller in ihren lausigen Wohnlöchern attraktiv, sondern große Mafiabosse in beiläufigen (jawohl, er ist wieder in) Armani-Anzügen, die, anstatt sich die Hände schmutzig zu machen, im Ritz dinieren. John Wayne drehte an die zehntausend Pferderitt-Nahaufnahmen, in denen er mitnichten auf einem Pferd saß: Er mied Reiten beim Drehen wie die Pest. Lieben wir ihn nicht dennoch, ja sogar viel mehr? Was wäre uns geholfen, wenn er beim „echten“ Reiten vom Pferd geflogen und drastisch verletzt worden wäre? Auch Mel Gibson hat zwar kein „Brave Heart“, ist aber ein schöner Mann. Selbst das genügt manchmal, weiß... Anke Westphal