Seit Jahren massiv angegriffen

■ betr.: „Die SED und die ,nützli chen Idioten‘“, taz vom 15. 8. 97

Wie schön, daß die Auseinandersetzungen um den sogenannten SED-Forschungsverbund endlich eine breitere Öffentlichkeit erreicht. An der FU Berlin wird diese Einrichtung seit Jahren massiv angegriffen. Die Ursache hierfür ist die einseitige, äußerst rechtslastige politische Ausrichtung des Forschungsverbundes sowie seine überaus zweifelhaften Methoden. Kritikwürdig ist insbesondere, daß sich diese Einrichtung, wie kaum eine zweite an einer deutschen Uni, zum Hoflieferanten für Herrschaftsideologie zum Thema deutsche Geschichte entwickelt hat.

Die „Aufarbeitung“ der DDR- Geschichte findet dabei insbesondere unter dem Blickwinkel des historischen Sieges statt. Der SED- Forschungsverbund ist sich dabei für keine Schlagzeile zu schade: Egal ob es um die Stasi-Kampagne gegen Gysi geht, angeblich belastende SED-Akten über SPD-Politiker auftauchen, die Unterwanderung der FU Berlin durch die SED „enthüllt“ wird oder liberale WissenschaftlerInnen, wie Peter Steinbach, von der DDR- Diktatur „fremdgesteuert“ wurden – im „kalten Krieg“ um das rechte Bild der DDR ist der Forschungsverbund an vordester Front dabei.

Dabei ist alles inklusive. Die Neuauflage der Totalitarismusthese zwecks Gleichsetzung von DDR und NS-Diktatur genauso wie die Diffamierung von linken und liberalen KritikerInnen des Verbundes als „nützliche Idioten“ der SED. Soviel Mühe und Verdienst muß sich natürlich lohnen. Kein Wunder, daß der SED-Forschungsverbund mit Fördergeldern, bisher über 5,6 Millionen Mark, geradezu überschüttet wird. Mit Wissenschaft hat das zwar wenig zu tun, dafür um so mehr mit Herrschafts- und Machtpolitik. An der FU Berlin und am Otto-Suhr- Institut steht der SED-Forschungsverbund beispielhaft für die Zurückdrängung kritischer Wissenschaft zugunsten herrschaftskonformer Ideologieproduktion. Diese mag ihren Platz im Konrad-Adenauer-Haus haben, an die FU Berlin gehört sie nicht. Carl Wechselberg,

Sozialreferent im AStA FU und Student am Otto-Suhr-Institut