Finger in die Luft

■ Windkraft nutzen: Der erste Schritt heißt Kartenlesen

Wer ein gemütliches Lagerfeuer in Waldesnähe entfachen will, hat es einfach: Er steckt den Finger in den Mund und hält ihn anschließend in die Höhe. Dann weiß er, woher der Wind weht. Und das ist ausreichend. Der Bauer einer Windenergieanlage (WEA) hat es da schon schwieriger: Woran kann er erkennen, ob Windgeschwindigkeit, mehr noch: die Windgeschwindigkeit in Höhe des künftigen Rotors ausreicht, um eine Anlage wirtschaftlich zu betreiben? Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Essen hat dazu einige Tips zusammengestellt, denn diese Kardinalfrage, so der DWD, „kann nicht allein mit Allgmeinwissen über Windgeschwindigkeitsabnahme von der Küste ins Binnenland oder Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe“ beantwortet werden.

Erster Schritt sei, sich etwa vorhandene „Kartierungen der Windgeschwindigkeit für die Kommune“ anzusehen. Karten für mittlere Windgeschwindigkeiten in einer Höhe von 50 Meter werden beispielsweise zur Zeit in Nordrhein- Westfalen flächendeckend vom Deutschen Wetterdienst detailreich erstellt. „Diese Karten bieten dem WEA-Interessenten einen ersten qualifizierten Hinweis, ob sein Wunschstandort überhaupt für die Windkraftnutzung in Frage kommt“, so Ulrich Otte vom Regionalen Gutachterbüro des DWD Essen. Beim derzeitigen Wirkungsgrad moderner Windkraftanlagen, so der Fachmann, sollten „mittlere Geschwindigkeiten von mindestens fünf Meter pro Sekunde in 50 Meter Höhe vorhanden sein, um die Anlage wirtschaftlich betreiben zu können“. Ihm erscheint es indes angesichts der technischen Entwicklung in diesem Bereich „nicht ausgeschlossen“, daß künftig auch Gebiete mit einer geringeren Geschwindigkeit, beispielsweise 4,5 Meter pro Sekunde, nutzbar seien. Sollte die Kartierung allerdings noch geringere Werte ausweisen, erübrigen sich seiner Ansicht nach weitere Überlegungen zur Errichtung eines Windrades. Bei höheren Geschwindigkeiten jedoch sei „der nächste Schritt, ein standortbezogenes Gutachten einzuholen“. Denn Informationen über die Windgeschwindigkeit allein seien zur Beurteilung „noch zu grob“ und lieferten keine geeignete Grundlage, auf der man Entscheidungen für oder gegen die Investition treffen sollte. Denn Ziel sei die Ermittlung des „Windenergiepotentials“, zu dessen Berechnung, so Otte, „man neben der anlagenspezifischen Nabenhöhe die Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit benötigt“. Erst dann könne das Potential der jährlich zu erzeugenden elektrischen Energie angegeben werden. alo

Kontakt: Deutscher Wetterdienst, Klima- und Umweltberatung, Wallneyer Str. 10, 45133 Essen, Tel. (0201) 71021-45