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: Unter Randsportlern

Die Schwimm-EM in ARD und ZDF

Schon mal was von unklug schwimmen gehört? Schlechte Streckeneinteilung, zu schnell angegangen, dann eingebrochen, abgesoffen sozusagen. Hajo Seppelt und Ralf Scholt wissen Bescheid.

Ralf Scholt? Bei der Schwimm-Europameisterschaft in Sevilla traf man auf Reporter, deren Existenz bisher gar nicht bekannt war, und die genauso unerfahren im Umgang mit Medien aller Art sind wie die Vertreter der betreffenden Randsportart. So kam es immer wieder zu bemerkenswerten Situationen abseits des professionellen Sportjournalismus, etwa wenn sich Randsportler und Randsportreporter am Beckenrand trafen: Der eine noch tropfnass und keuchend, der andere nicht minder sprachlos. Hätten sie gedacht, daß der Russe so schnell ist?

Viel ist mit solchen Fragen nicht zu holen, zumal einige der Schwimmer bisweilen so wirkten, als hätten sie schon ein paar Liter Chlor geschluckt. Bahnen runterreißen und Kacheln zählen macht unwirsch, so scheint es. Zwar sind die Schwimmer auf der einen Seite froh, daß überhaupt mal ein Reporter vorbeischaut, auf der anderen Seite bleiben sie lieber stumm wie die Fische, ihre großen Vorbilder.

Beim Leistungsschwimmen sind Sportler und Reporter eine Schicksalsgemeinschaft. Der eine gilt im Sender nichts, der andere bei den Funktionären des Deutschen Schwimmsports (Franziska van Almsick mal weggedacht). Und wenn man schon in der breiten Öffentlichkeit nicht gut gelitten ist, will man sich nicht noch gegenseitig wehtun. Kritische Fragen können zwar mal sein, sollten aber die Ausnahme sein. Also spricht man wenig übers Doping oder die Krise der deutschen Brustschwimmer, sondern freut sich gemeinsam über den zweiten Platz im B-Finale. War doch immerhin persönliche Bestzeit.

Die fast schon vorbehaltlos zu nennende Solidarisierung mit dem Athleten hat in der Schwimmberichterstattung Tradition. Gern wird deren Genörgel nachgebetet, daß das Wasser mal wieder viiiiel zu warm war, und der Spanier als solches unfähig ist, eine vernünftige EM auszurichten. Obwohl man davon ausgehen kann, daß sich der Reporter nach Dienstschluß am liebsten in einer pißwarmen Badewanne erholt und noch nie freiwillig 500 Meter am Stück geschwommen ist. Außer Kristin Otto natürlich. Oliver Gehrs