Keine Hilfe aus Bonn

Wer in Argentinien „verschwundene“ Deutsche sucht, kann keine Unterstützung erwarten  ■ Aus Buenos Aires Ingo Malcher

Die deutsche Botschaft machte es in ihrem Brief kurz: „Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen,“ konnte Ida Tater da lesen, „daß es nach Auskunft des Auswärtigen Amtes keine Möglichkeit gibt, Sie finanziell zu unterstützen, um die Honorare für einen Rechtsanwalt zu begleichen, der den Verbleib ihres 1976 verschwundenen Mannes aufklärt.“ Der Mann von Ida Tater, Frederico Tater, hatte einen deutschen Paß und wurde 1976 von argentinischen Militärs in Buenos Aires entführt. Später wurde er vermutlich von paraguayischen Militärs ermordet.

Nachdem erst vor kurzem in einem Archiv der paraguayischen Militärdiktatur ein Foto ihres Mannes auftauchte und damit klar war, daß ihr Mann noch lebend nach Paraguay verschleppt wurde, bat Ida Tater die deutsche Botschaft in Buenos Aires um finanzielle Unterstützung, um weiter nachforschen zu können. In der paraguayischen Hauptstadt Asunción wollte sie einen Prozeß anstrengen, um in weitere Archive der Militärs Einblick zu nehmen. Doch so ein Verfahren kostet Geld, das sie nicht hat, und die deutschen Behörden haben „noch nie etwas für uns getan.“

Zu Zeiten der argentinischen Militärdiktatur (1976–1983) hat sich die Bundesregierung mit Druck auf Argentinien sehr vornehm zurückgehalten. Während Spanien, Irland und Österreich wenigstens einige ihrer verschleppten Staatsbürger freibekamen, war das Engagement der Deutschen sehr dürftig. Daher hat Ida Tater auch den damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher wegen unterlassener Hilfeleistung angezeigt – geschehen ist nichts.

Anfang Oktober will Ida Tater zusammen mit ihrer Rechtsanwältin und dem argentinischen Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel nach Deutschland reisen, um Strafanzeige zu erstatten, damit sich deutsche Gerichte des Falles ihres „verschwundenen“ Mannes annehmen. In anderen europäischen Ländern sind die Gerichte bereits gegen argentinische Militärs aktiv. So hat Frankreich den Ex-Fregattenkapitän Alfredo Astiz wegen des Mordes an zwei französischen Nonnen in Abwesenheit zu lebenslänglicher Haft verurteilt, und in Spanien ermitteln ebenfalls Staatsanwälte gegen Ex-Militärs.

In Argentinien sind die Ex-Militärs durch zwei Amnestiegesetze geschützt. Die einzige Möglichkeit, die Mörder zur Rechenschaft zu ziehen ist, daß sie von ausländischen Gerichten verurteilt werden. Das führt zwar in Argentinien nicht zur Verhaftung, aber immerhin können die Verurteilten, wie eben der in Frankreich verurteilte Alfredo Astiz, dann das Land nicht mehr verlassen – er wird mit internationalem Haftbefehl gesucht.