Besser konkurrenzlos

■ Kirchs Digitalkiste DF1 darf zusperren - denn Bertelkirch glauben, die Kartellwächter schon in der Tasche zu haben

Es wurde soviel von Zukunft geredet, als TV-Herrscher Leo Kirch vor fast genau einem Jahr sein vorerst letztes Pionierprojekt, das Digitale Senderpaket DF1 gestartet hat. Nun ist es schon wieder Vergangenheit. Es war gestern Kirchs einstiger Konkurrenz vom Bertelsmann-Konzern überlassen, das Ende zu verkünden. Rolf Schmidt- Holz vom Vorstand der Bertelsmann-Tochter CLT-Ufa kühl: „Zum frühesten Zeitpunkt, aber nicht vor Januar 1998“ werden die Spartenkanäle von DF1 „in die gemeinsame ,Premiere‘-Plattform überführt“, mit der die beiden beherrschenden TV-Konzerne die digitale TV-Zukunft nach dem Kirchschen Desaster noch einmal neu angehen wollen. DF1 wird nicht mehr gebraucht.

Ohnehin war DF1 stets mehr ein Politikum als ein Sender. Seit Bertelsmann und Kirch im Juli verkündeten, beim Digitalen zusammenzugehen, wartete man auf die Nachricht, die nur den Vollzug des Konglomerats bedeutet: Kirchs Desaster-Sender schließt, Bertelsmann steigt bei dessen Minuskanal DSF ein. Die Gütersloher dürfen zudem die Hälfte von Kirchs Milliardenanlaufverlusten tragen.

Aus zwei Gründen war das Ende hinausgezögert worden: Kirch, der zwar ein guter Spieler, aber kein guter Verlierer ist, wollte das Eingeständnis des Versagens seiner visionären Fähigkeiten vermeiden. Zudem sollte das Bestehenbleiben des Kanals den Kartellwächtern einen Rest von Wettbewerb suggerieren. Diese hatten gedroht, sich den Bertelkirch-Deal genau anzuschauen. Doch mittlerweile hat offenbar die Brüsseler EU-Wettbewerbsbehörde den Konzernen signalisiert, daß ihr programmliches Konglomerat bei Premiere für sie kein Problem darstelle. Bertelkirch-Abgesandte schlossen aus ihren Gesprächen mit den Wettbewerbswächtern, daß die Sache durchgeht.

Beobachter erwarten aber, daß die Kontrolleure möglicherweise bei der technischen Plattform einhaken, mittels derer die beiden Konzerne gemeinsam mit der Telekom die Kirchsche d-box-Technik als einzigen Standard für das Digital-TV setzen wollen. Zu diesem Zweck wollen sie sich Kirchs Technikfirma Beta teilen. Die Konzerne beteuern, die Technik werde anderen Anbietern vollkommen „diskriminierungsfrei“ offenstehen – was ARD und ZDF, die auf der Funkausstellung ihre kostenfreien Digitalangebote starten, bezweifeln. Sie forderten gestern, an der Beta beteiligt zu werden, was freilich die Konzernvertreter rundweg ablehnten – ist doch bei der Technikbeherrschung viel Geld zu verdienen. Kirch hat den Öffentlich-Rechtlichen bei den Verhandlungen offenbar angeboten, in einer Art Beirat beteiligt zu sein, ohne gesellschaftsrechtliche Beteiligung.

Die Konzernvertreter suchten ihr angestrebtes Monopol gestern erneut damit zu rechtfertigen, nur ein Koloß könnte einen derart großen und schwierigen Markt stemmen. Zudem drohten anderenfalls ausländische Konkurrenten den Markt zu übernehmen. Ein Argument, das sich auch kürzer fassen läßt: Ohne Konkurrenz ist's eben schöner. Lutz Meier