Eine schwarze orientalische Nacht

■ Verprügelten PKK-Sympathisanten „Abweichler“? Alevitische Kurden möchten sich in Bremen stärker artikulieren

Die „orientalische Nacht mit Musik und Tanz vom oberen Euphrat“, die das Kulturzentrum Weserterrassen Anfang Juli offerierte, verlief in gedrückter Stimmung: Vor der Tür bedrohte, wie die herbeigerufene Polizei später feststellte, eine Gruppe von einschlägig bekannten Kurden aus dem PKK-Umfeld massiv die etwa 150 ebenfalls kurdischen Gäste und warnte eindringlich vor einer „Spaltung“der kurdischen Bewegung. Knapp zwei Monate später, am 22. August, wurde in Osterholz-Scharmbeck ein Organisator der „orientalischen Nacht“von einem Schlägertrupp krankenhausreif geschlagen. Zufall?

Besucher der Kulturnacht glauben das nicht. Der Hintergrund: In Bremen versucht sich neuerdings verstärkt eine kulturell-religiöse Minderheit der Kurden zu artikulieren, deren Mitglieder „Aleviten“sind und damit einer etwas aufgeklärteren, laizistischen Spielart des Islam angehören. Und so wie die türkischen Kurden sich gegen eine kulturelle Vereinnahmung durch die Türken wehren, versuchen die kurdischen Aleviten, die übrigens eine eigene Sprache namens Zaza sprechen, in ihren ehemals autonomen Land Dersim (Ostanatolien) nicht vollends von Kurdistan verschluckt zu werden. Tatsächlich bestehen zwischen den beiden Volksgruppen erhebliche Spannungen, die auch nach Deutschland übergreifen. In Bremen gibt es eine recht große Gruppe von mehreren hundert kurdischen Aleviten; die „orientalische Nacht“war ein Versuch, mit Musik, orientalischer Küche und Tanz öffentlich auf ihre Existenz hinzuweisen. Doch solch ein Ausbrechen aus der kurdischen Phalanx wird von den „einzig wahren“Vertretern kurdischer Belange – die Polizei beobachtete Mitglieder des „Kurdisch-Deutschen Solidaritätsvereins e.V.“beim Rollkommando an den Weserterrassen – offenbar nicht geduldet.

Polizeilich nicht aufgeklärt ist bislang der Überfall auf einen Organisator der Kulturnacht, der in Osterholz-Scharmbeck lebt. Am Freitag, 22. August, wurde der Mann von fünf mit Baseballschlägern bewaffneten Unbekannten in seiner Wohnung überfallen und zusammengeschlagen. Er erlitt laut Polizeiprotokoll Prellungen und eine Platzwunde am Kopf. Mittlerweile hat er vorzeitig das Krankenhaus verlassen und ist – offenbar aus Angst vor weiteren Anschlägen – untergetaucht.

Im Freundeskreis des Betroffenen mag niemand der Presse gegenüber Aussagen machen – aus Angst vor erneuten Angriffen. Nur hinter vorgehaltener Hand riskiert einer zu formulieren, was wohl viele denken: „Ich bin froh, daß wir mit der Dersim-Kulturnacht den Mut aufgebracht haben, unsere eigene authentische Kultur öffentlich zu zeigen.“ BuS