Puzzle im Roten Rathaus

■ Senat beschließt heute unvollständigen Haushaltsentwurf für 1998: Ausgaben sinken, weniger staatliche Arbeitsplätze, unübersichtliche Gesetzesänderungen

Der Senat spielt Haushaltspuzzle. Stückchen für Stückchen wird er in den kommenden Wochen die Einzelteile des Ausgabe-/ Einnahmebuchs für 1998 beschließen, damit das Parlament die finanziellen Grundlagen vor Beginn des Haushaltsjahres überhaupt zustande bringt. Selbst der ansonsten regierungsloyale Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) hat bereits die Sorge geäußert, „daß das Abgeordnetenhaus nicht hinreichend Zeit haben wird, den Haushalt 1998 gründlich zu beraten“. Haases Befürchtungen sind nicht unbegründet. Wichtige Teile des Haushaltes müssen erst noch konkretisiert und beschlossen werden.

Heute heben die SenatorInnen lediglich die Hand für die Eckwerte des Haushalts 1998. Die wichtigsten Daten dabei sind die Ausgaben, die bei knapp über 42 Milliarden Mark liegen. Das bedeutet, daß der Etat ausgabenseitig weiter sinkt – das wesentliche Ziel des Regierungsprogramms, für das Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) steht. Rein rechnerisch liegen die Ausgaben freilich bei 45 Milliarden Mark; dafür ist das Minus aus dem Jahr 1996 (2,9 Milliarden Mark) verantwortlich, das die Finanzsenatorin 1998 bereinigen muß.

Die Personalausgaben des Landes, traditionellerweise der größte Ausgabenblock, sinken auf 13,671 Milliarden Mark. Hinter dieser Zahl verbirgt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein weiterer Stellenabbau, auf deutsch: Die Zahl der staatlich angebotenen Arbeitsplätze wird weiter zurückgefahren.

Das vieldiskutierte Absenken der Nettoneuverschuldung auf 4,8 Milliarden Mark ist altbekannt. Das Parlament beschloß im Haushaltsstrukturgesetz 1996, die exorbitanten Kreditaufnahmen jedes Jahr um 650 Millionen Mark zurückzufahren.

Verkauf staatlichen Vermögens: Am schwersten wiegt im Haushaltsbuch die Zahl 6,08 Milliarden Mark. Das ist nur eine Hausnummer für den Umfang an Tafelsilber, das Berlin verkaufen muß, um den Staatsbankrott zu verhindern. Das heißt, es ist noch völlig offen, wie diese Summe in die Kasse kommen soll; in der Diskussion ist der teilweise Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft Gehag, das Losschlaggen von Einzelwohnungen an Mieter bzw. von Wohnungsbaugesellschaften an private Unternehmen.

Die Investitionen, deren neuer Tiefstand Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) amtsmüde gemacht hatte, liegen immer noch bei beachtlichen 5,8 Milliarden Mark.

Offen bleiben werden heute Elemente, die normalerweise fester Bestandteil von Haushalten sind. Die mittelfristige Finanzplanung, die Investitionsplanung muß der Senat erst noch fixieren.

Zudem wird es auch 1998 wieder ein Haushaltsstrukturgesetz geben. Ein solches Gesetz ist immer dann nötig, wenn ein Land unter Einspardruck steht. Anstatt viele Einzelgesetze zu ändern, werden alle Novellierungen in ein Gesetz gepackt. Der Nachteil dabei: Für Abgeordnete ist es schwierig, die gesetzlichen Veränderungen im einzelnen zu beraten; für BürgerInnen ist es kaum noch überschaubar, welche Veränderungen sich unter der Überschrift „Haushaltsstrukturgesetz“ verbergen – diesmal die Zweitwohnungssteuer. Wie es hieß, ist auch das Puzzleteilchen „Strukturgesetz“ noch nicht fertig. Christian Füller