Über das Anschaun des Tierfilms

für Rayk Wieland

Das Anschaun des Tierfilms verroht

Den, der ihn anschaut, denn der Idiot

Denkt nur an Tiere, die tödlich bedroht

Sind statt an Freund Mitmensch in seiner Not:

Das Anschaun des Tierfilms verroht.

Das Anschaun des Tierfilms macht geil

Man starrt Frau Gazelle aufs Hinterteil

Schwätzt lüstern und gierig von Köcher und Pfeil

Sucht nur im Voyeurismus sein Heil:

Das Anschaun des Tierfilms macht geil.

Das Anschaun des Tierfilms macht sentimental

Und das heißt soviel wie: Es macht brutal

Macht verlogen, vegan, triefäugig, banal

Und tierlieb wie Hitler, die Menschheitsqual:

Das Anschaun des Tierfilms macht sentimental.

Das Anschaun des Tierfilms macht sielmannrassistisch

Man starrt in den Bildschirm wie Günther der Goldfisch

Lobt das Recht des Starken, sozialdarwinistisch

Feiert Neger als Panther, sonntags beim Nachtisch:

Das Anschaun des Tierfilms macht sielmannrassistisch.

So wird man roh, so wird man auch geil

Wird von der ganzen Grütze ein Teil

Wird sentimental, wird sielmannrassistisch

Selbst die Anti-lope bleibt nicht anti-faschistisch:

Ist da denn keiner, der sagt: „Schreib das auf, Kisch!“?

Wiglaf Droste