Jeder ist irgendwann mal allein

■ „Singles“ mit Doppelauftrag: In der neuen ZDF-Serie geht es um Pendantsuche und Vorabendverjüngung (19.25 Uhr)

Mickey, Archer und Jerry sind die etwas andere Boygroup aus Frankfurt am Main. Neben der üblichen Suche nach „joy and fun and the love of another one“ (Titelsong) haben die Westend-Boys nämlich einen weiteren knallharten Auftrag: die „Vorabendverjüngung“ (Redaktionsleiter Klaus Bassiner) des ZDF. Hey, ein starkes Stück, denn Mickey, „Atscha“ und Jerry sind ja selbst nicht mehr die Jüngsten! Der Vorabend wird eben nur milde geliftet. In „Singles“, der „turbulenten, frechen ZDF-Beziehungskomödie“, rangiert gefühltes Alter weiterhin vor echter Jugend, und deshalb darf Serienheld Mickey auch mit Ende 30 noch ein „aufstrebender Werbetexter“ (Presse-Info) sein.

Im Pilotfilm der achtteiligen Serie gründen „Atscha“, Mickey und Mechthild eine Werbeagentur und werden „Creative Partners“. Im riesigen Agenturloft hat neben Mechthilds Schreibtisch ihr Gewächshaus reichlich Platz. Darin bumst die anderweitig verheiratete Werberin mit dem bindungsängstlichen „Atscha“, bis die Scheiben beschlagen. Jerry (Innenarchitekt) heiratet die schwangere Frauke und will nach der Geburt ein Babyjahr einlegen. Mickey wird von Gattin Rebecca geschaßt, verknallt sich aber umgehend in Hoteldirektorin Anna-Sophia.

Dies ist die Basis, auf der der „fließende Zustand der Singles“ (Klaus Bassiner) in acht Folgen seinen Lauf nimmt. Großzügig soll hier darüber hinweggegangen werden, daß die Singles der Serie fast alle keine sind. Doch ist nicht jeder mal irgendwann allein? Die inneren Monologe und Tagträume des Hektikers Mickey jedenfalls strukturieren für uns den fließenden Strom der Emotionen. Oft wähnt man sich gar im ersten Fernsehhörspiel, denn der Off-Kommentar des quirligen Werbers („Atscha geht mir auf den Keks“) doppelt immer wieder seine ohnehin allzu offensichtliche Gefühlslage.

Schwer verliebt und erfolglos tölpelt der kleine Blonde seinem kühlen Schwarm hinterher, einzig gebremst von Kumpel Archer, der immer wieder die wahren Werte des Mannseins betont: „Mein Daimler ist verläßlicher als alle Frauen, die ich kenne!“ Erste zarte Bande zwischen Mickey und Anna-Sophia werden schließlich – Achtung, Vorabendverjüngung – via Internet geknüpft.

Das mit den Off-Kommentaren, erklärten Darsteller und Produzenten bei der Pressevorführung todernst, sei die „Woody-Allen- Schiene“. Die werde, auch wenn das für Deutschland noch etwas gewagt sei, in den boomenden amerikanischen Single-Soaps schon lange gefahren. Und weil Woody Allen aus Manhatten kommt, sagen die Möbelpacker in „Singles“ nicht „Horst, pack mal mit an!“, wenn ein Sofa abtransportiert werden soll, sondern: „Okay, let's go, Berry, come on!“ Das ist jung! Claudia Thomsen