What's hot, what's not
: Augenringe

■ Alt wie ein Baum – wer's mag! Geschmack in und um Hollywood

Isabella Rossellini ist, wie man so sagt, eine Frau in der Blüte ihrer Jahre: nämlich fünfundvierzig Jahre alt. Was sie auch immer bewogen haben mag, schon jetzt ihre Memoiren zu schreiben, wir können nur hoffen, daß es keine Hypochondrie ist. Rossellini reüssierte (trotz ihrer Übermutter Ingrid Bergman: man kann es also schaffen) nicht nur als Schauspielerin, sondern wurde auch als Lancôme-Ikone unvergeßlich, bevor der Konzern ihr wegen ihres „fortgeschrittenen Alters“ den Exklusivvertrag kündigte. Rossellinis Memoiren gelten denn auch, wie die amerikanische Vogue titelte, der „Schönheit der Unvollkommenheit“.

So eine kleine Isabella erlebt, was unsereine nur zu träumen wagt – Sterne zum Anfassen. Ingrid Bergman, so schreibt Rossellini, war eine Frau von großer physischer Energie. Wenn sie nicht gerade schauspielerte, putzte sie das ganze Haus, und zwar pe-ni-bel. Auf die Frage, was es bräuchte, ein glückliches Leben zu führen, antwortete Bergman: „Eine gute Gesundheit und ein kurzes Gedächtnis!“ Rossellini lernte auch den weniger unsterblichen Regisseur Joel Schumacher kennen, der verzweifelt an seiner anstößig – ha ha – langen Nase litt. So sehr, daß er sich einen „Nose Job“ verpassen lassen wollte. Schumacher begann seine Karriere als Assistent bei Diana Vreeland, der Ex-Chefredakteurin von Vogue und immer noch Autorität in Sachen Geschmack. „Falsch“, soll Vreeland ihrem Azubi zugerufen haben, „du mußt sie betonen, die lange Nase. Wenn sie groß ist, dann mach sie noch größer!“

Rossellini liebt diese Definition von Stil (wir auch, was Nasen und Busen angeht); sie prägte Rossellinis bisheriges Leben. Wenn man Perfektion als Standard ansieht, dann ist Unvollkommenheit einzigartig, unverwechselbar und individuell. Anna Magnani glänzte stets durch dunkle Augenringe, und Audrey Hepburn hat ihre dreckigen Fingernägel zeitlebens beibehalten.

Ähnlich stand es mit der anderen Hepburn – Katharine. Sie war eine Freundin von Irene Selznick, die wiederum die beste Freundin von Ingrid Bergman war. Zur Beerdigung von Irene Selznick sah Isabella Katharine Hepburn das erste und einzige Mal. Als sie im Fahrstuhl zu Selznicks Apartment fuhr, stieg eine große, starke Frau zu. Die eingeschüchterte Isabella heftete ihre Augen auf den Boden und sah? Ja, sie sah, daß der Saum der berühmten Hepburn-Hosen völlig zerrissen war! Dann wurde Isabella von einer dröhnenden Stimme an die Wand geblasen: „Bist du nicht Ingrids Tochter?“ „Ja“, sagte Isabella. „Die, die diesen Film [„Blue Velvet“] gedreht hat?“ Doch da hielt der Fahrstuhl – Gott sei Dank? – an. Alle großen Schauspielerinnen, so Rossellini, hatten diese klare autoritäre Stimme. Ingrid Bergman wurde von ihren Kindern gehänselt, daß sie eigentlich kein Telefon brauche. Sie solle einfach nur sprechen; man würde es auf der anderen Seite der Stadt hören. Anke Westphal