■ Türkei: Repression gegen den Friedenszug nach Diyarbakir
: Faschistischer Staat?

Der Zug wollte die Botschaft vom Frieden nach Kurdistan tragen. Hoffnungen wurden geweckt. Mit einer großen Friedensdemonstration wollten die Kurden in Diyarbakir die ausländischen Delegationen empfangen, die zwar nicht mit dem verbotenen Sonderzug, aber mit Bussen angereist kamen, um gegen den dreckigen Krieg, der über dreißigtausend Menschen das Leben gekostet hat, zu protestieren. Doch im Würgegriff des türkischen Staates kamen die Ausländer erst gar nicht nach Diyarbakir hinein. Einzelne wurden mißhandelt und verprügelt. Kurdische und türkische Mitorganisatoren endeten häufig in den Zellen türkischer Polizeiwachen, wo die berüchtigten Mitglieder der „Anti-Terror-Einheiten“ sie in die Mangel nahmen. In Diyarbakir herrschte am Antikriegstag Friedhofsruhe. Die Polizei hatte präventiv rund tausend Menschen festgenommen.

Der türkische Staat hat sich so präsentiert, wie man es von ihm gewohnt ist, und mit Brachialgewalt selbst auf Friedensdelegationen eingeschlagen. Von Deutschland kräftig unterstützt – allen voran Innenminister Manfred Kanther –, wurden die Ausländer als „PKK-Militante“ denunziert und entsprechend behandelt. Wer die Repression mit eigenen Augen gesehen hat, wie der italienische Abgeordnete Dino Frisulla, urteilt gar, daß „die Wege des Dialoges mit einem faschistischen Staat versperrt sind“. Doch ist es nicht erstaunlich, daß angesichts dessen, was mehrere hundert Ausländer in den vergangenen Tagen erlebt haben, die öffentliche Resonanz auf den Friedenszug eher beschränkt war?

Zu diesem bescheidenen Echo, die die Aktion als Fehlschlag erscheinen lassen, haben nicht allein die Maschinenpistolen und Knüppel beigetragen. Wesentlichen Anteil hat auch die erfolgreiche Offensive der türkischen Außenpolitik, die das Ziel verfolgt, die kurdische Oppositionsbewegung zu marginalisieren. Das PKK-Verbot in Deutschland oder Kanthers jüngste Denunziationen des Friedenszuges sind die Früchte dieser Politik. Und es spricht für sich, daß die erwartete Präsenz von deutscher Prominenz bei dem Friedenszug ausblieb. Angesichts solcher Verhältnisse ist auch Selbstkritik bei der Solidaritätsbewegung angesagt. Marginalisierungsversuchen von seiten der Herrschenden kann man nicht mit bloßem Aktionismus begegnen. Ömer Erzeren