Rot-Grün läßt mehr Flugverkehr zu

■ Luftverkehrsstudie des Wuppertal-Instituts hält die Ausbaupläne der Landesregierung in NRW für überflüssig

Bonn (taz) – Die Flugverkehrspolitik der nordrhein-westfälischen Landesregierung erhitzt die Gemüter seit Beginn der Legislaturperiode. Ein aktuelles Gutachten des renommierten Wuppertal- Instituts, vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Auftrag gegeben, untermauert die Position der Kritiker. Die halten insbesondere die Ausbau- und Privatisierungspläne der Landesregierung beim Flughafen Düsseldorf für überflüssig.

Der BUND stellte in dieser Woche die wichtigsten Ergebnisse der Wuppertal-Studie vor: Danach ist die geplante Verlängerung der Landebahn in Düsseldorf – dem größten Flughafen in Nordrhein- Westfalen – überflüssig. Die wenigen Flüge, die tatsächlich eine längere Start- und Landebahn benötigten, könnten auch über den nicht ausgelasteten Flughafen Köln-Bonn abgewickelt werden.

Der Köln-Bonner Flughafen wiederum brauche keine ICE-Anbindung wie vorgesehen. Der Bau einer Bahntrasse würde die Wahner Heide völlig zerstören und rund eine Milliarde Mark kosten. Das Geld sei besser angelegt, so der BUND bei der Präsentation der Studie, wenn man damit Investitionen der Bahn in die Fläche finanziere. Die Privatisierungspläne der Landesregierung sind aus Sicht des BUND abzulehnen: Sie wolle mit dem Verkaufserlös des Flughafen Düsseldorf nur Haushaltslöcher stopfen, statt ihren Einfluß als Aktionärin des Airports zu nutzen und eine „umwelt- und sozialverträgliche“ Mobilität zu fördern – wie es die Regierungerklärung vom September 1995 festschreibt. „Wir erwarten von den Grünen in NRW, daß sie sich nach der nur schwer verständlichen Zustimmung zum Verkauf des Düsseldorfer Flughafens massiv für harte Lärm- und Klimaschutzauflagen in den Kaufverträgen einsetzen“, faßte Jörg Lutat, Umweltreferent des BUND in Nordrhein-Westfalen, die Position der Umweltverbände zusammen.

Im Düsseldorfer Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr sieht man derzeit keinen Grund, die Politik zu revidieren. „Eine gute Infrastruktur für den Luftverkehr ist eine unabdingbare Voraussetzung für den Erhalt Nordrhein-Westfalens als attraktiven Standort“, stellt Bernd Michalski, Sprecher des Ministeriums, fest. Um dem erwarteten Zuwachs im Luftverkehr gewachsen zu sein, sei ein Ausbau des Düsseldorfer Flughafens notwendig. Darüber hinaus müsse man hier die festgeschriebene Zahl der Flugbewegungen durch ein Lärmkontingent ersetzen. Wenn die Flugzeuge dann durch technische Neuentwicklungen leiser würden, so Michalski, „könnte das Lärmkontingent durch mehr Flüge wieder aufgefüllt werden“.

Horst Becker, Fraktionssprecher der bündnisgrünen Kreistagsfraktion im Rhein-Sieg-Kreis und seit 1988 ein profilierter Gegner der Luftverkehrspolitik des Landes, hat Bedenken: „Wenn schon Flüge nach Köln-Bonn verlagert werden sollen, muß zuerst dafür gesorgt werden, daß dort genauso wirkungsvolle Einschränkungen von Nachtflügen in Kraft treten wie in Düsseldorf. Wer aber die Düsseldorfer Bewegungsobergrenzen deregulieren will, wird bei den lärmgestreßten Bürgern nirgendwo auf Vertrauen stoßen.“

Die Ausbaupläne der Landesregierung widersprechen nach Beckers Ansicht nicht nur den Zusagen von Bund und Land zur Minderung des Kohlendioxid- Ausstoßes. Sie werden im Gegenteil langfristig sogar dazu führen, daß die Belastung des Klimas und die Lärmbelästigung der Bevölkerung weiter steigen. Uwe Kerkow