Haft für Italiens Ex-Außenminister?

Cesare Previti soll bei der Privatisierung des staatlichen IMI-Konzerns Richter mit Millionenbeträgen bestochen haben. Sein ehemaliger Chef Berlusconi setzt sich von ihm ab  ■ Aus Rom Werner Raith

Superknaller zur Wiederaufnahme der politischen Tätigkeit nach den italienischen Sommerferien: Die Staatsanwaltschaft Mailand hat beim Parlament die Aufhebung der Immunität von Cesare Previti beantragt, dem ehemaligen Verteidigungsminister der Regierung Berlusconi – Previti, 63, der lange Zeit auch als Hausanwalt des Mailänder Medientycoons gewaltet hat, soll nach Ansicht der Ermittler derzeit eifrig mit Spurenverwischung in einer großen Bestechungsaffäre zugange sein und müsse deshalb verhaftet werden. Bei der Privatisierung des staatlichen Immobilienkonzerns IMI sollen umgerechnet mehrere Dutzend Millionen Mark Bestechungsgelder geflossen sein, um die Anlagen in den „richtigen“ Händen landen zu lassen. Ein Anwalt und ein Steuerberater sitzen darob bereits seit Monaten in Haft, mehrere ehemalige Ermittlungsrichter befinden sich in Hausarrest. Previti, der als Parlamentarier zunächst nicht verhaftet werden konnte, soll inzwischen alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um Spuren und Beweise zu vernichten.

Der Ex-Minister will seine Unschuld beweisen

Der Angeschuldigte, derzeit Abgeordneter der rechtslastigen Forza Italia, wehrt sich massiv gegen die Vorwürfe: „Sie wollen mein Image zerstören“, er werde unverzüglich seine Unschuld beweisen. Doch viele Hände rühren sich derzeit nicht für ihn. Nicht einmal sein Ex-Chef Silvio Berlusconi, dessen treuester Vasall er in der Regierung 1994 grewesen war, springt für ihn in die Bresche – man müsse „abwarten, was die Ermittler an Belegen vorzuweisen haben“, ließ er nichtssagend erklären. „Kein Wunder“, frozzelt einer der Ermittler, „es ist einer der Fälle, in denen Previti ausnahmsweise gerade mal nicht Berlusconi vertreten hat“.

Gefährlich könnte es für den Medienzaren dennoch werden – wenn Previti auspackt. Daß er sich das Gefängnis nicht gefallen lassen wird, hat er schon drohend wissen lassen – besonders, als ihm klarwurde, daß auch die rechte Nationale Allianz, der er ideologisch nahe steht, auf Abstand zu ihm geht: Der Vorsitzende des Ausschusses für die parlamentarische Immunität, Ignazio Lo Russo, hat bereits erklärt, er werde sich der Stimme enthalten, weil er vor zwei Jahren Previti in einer anderen Sache anwaltlich zur Seite gestanden habe.

Entscheidung nicht vor Oktober zu erwarten

Von der anderen Parteien sind derzeit keine Stellungnahmen zu erhalten – man will die derzeit laufenden Verhandlungen zwischen den italienischen Regierungsparteien und Teilen der Opposition über eine Verfassungsreform nicht gefährden.

Der Immunitätsausschuß wird sich voraussichtlich Mitte September zu einer ersten Prüfung der aus Mailand vorgelegten Beweise versammeln; eine Entscheidung ist jedoch nicht vor Oktober zu erwarten. Allerdings kann die Staatsanwaltschaft inzwischen ohne Behinderung weiter ermitteln: Die traditionelle Immunität, die Abgeordnete bereits vor Ermittlungen schützt, wenn diese nicht ausdrücklich vom Parlament genehmigt werden, wurde in Italien vor drei Jahren abgeschafft.