■ Ökolumne
: Hilfe zur Selbsthilfe Von Peter Hissnauer

Die Ostförderung wird um 200 Millionen Mark gekürzt. Diese Nachricht prangte vor einigen Tagen auf den Titelseiten der deutschen Gazetten. Die ostdeutschen Wirtschaftsminister müssen 1997 und 1998 auf dieses Geld verzichten.

Aus Sicht der investitionswilligen Unternehmen war der vorangegangene Streit um die Fördermillionen überflüssig wie ein Kropf. Das monatelange Hickhack verunsicherte sie weiter, was den Standort Ostdeutschland angeht. Die Strukturschwächen in den neuen Bundesländern können aber nur überwunden werden, wenn es gelingt, den Standort Ostdeutschland für neue Investitionen attraktiver zu machen.

Dabei bedeutet die Kürzung der Ostförderung um 200 Millionen Mark in den kommenden Jahren gemessen am neuen gesamtdeutschen Subventionsrekord von über 115 Milliarden Mark sicher keine Wende der deutschen Förderpolitik.

Staatliche Gelder allein aber machen keine erfolgreiche Wirtschaftsförderung. Investitionswillige Unternehmen in Ostdeutschland leiden heute nicht zuerst an fehlenden Mitteln. Sie klagen zwar auch über hohe Löhne. Vor allem klagen sie über die mangelnde Effektivität und das nicht ausgebildete Dienstleistungsverständnis der Behörden. Der öffentliche Dienst ist vom Leitbild eines ökonomisch geprägten Service Centers noch weit entfernt.

Unsere Erfahrung zeigt, daß die hohe Anzahl bürokratischer Regeln und Auflagen und die geringe Beachtung der dadurch entstehenden (Zeit-)Kosten für willige Investoren ein entscheidender Wettbewerbsnachteil ist, der häufig durch noch soviel Subventionen nicht aufgefangen werden kann. Wer wie in Sachsen- Anhalt kürzlich geschehen seinen Förderantrag nach neun Monaten zurückerhält mit dem Vermerk, der sei unvollständig, wird dem Standort den Rücken kehren.

Nicht nur ist die Bürokratie zu langsam, die Förderlandschaft stellt sich vor allem für potentielle ausländische Investoren als unüberblickbarer Dschungel dar. In seinem neuesten Förderhandbuch hat der Deutsche Industrie- und Handelstag über 400 Subventionstöpfe aufgeführt. Dieser Förderdschungel erschwerte insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, die als Wachstumsmotor in den neuen Bundesländern betrachtet werden, den Zugriff auf Hilfen.

Als weiteres Grundübel haben wir als Unternehmensberater die mangelhafte Durchschlagskraft der staatlichen Hilfen identifiziert. Statt den notwendigen Wandel zu fördern, werden mit Subventionen Barrieren gegen diesen Wandel errichtet. Nicht Innovationen werden gestützt, sondern bestehende Verhältnisse zementiert. Schlimmer als nichtgezahlte Hilfen sind oft genug Subventionen, die für den Erhalt maroder Betriebe in den Sand gesetzt werden und so den notwendigen Strukturwandel verhindern. So ist noch immer der für seine Innovationskraft wenig bekannte Bergbau einer der bedeutendsten Subventionsempfänger.

Doch nicht nur die Politik ist schuld. Noch so großzügige Finanzspritzen können auch sieben Jahre nach der Wiedervereinigung ein Grundproblem der ostdeutschen Wirtschaft nicht beseitigen. Nach wie vor sind viele Unternehmensführer in den neuen Ländern kaufmännisch nicht fit.

Einige Bundesländer haben dies erkannt. Sie ergänzen ihre finanziellen Hilfen jetzt durch den Einsatz externer Berater, die im Auftrag der zuständigen Ministerien „bedürftige“ Unternehmen aufsuchen und betriebswirtschaftliche Hilfe leisten. Bereitgestellte Fördermittel finanzieren die Hilfe zur Selbsthilfe. Berater und Unternehmer bilden zusammen ein Team, das das bestehende Unternehmen in eine lernende Organisation verwandelt. Die Erfolge sind beachtlich.

Ermutigung zur unternehmerischen Eigeninitiative und die Vermittlung von kaufmännischem Know-how sollen zukünftig mehr im Mittelpunkt der staatlichen Hilfe stehen. Subventionen müssen ihren eigentlichen Charakter als Impulsgeber zurückgewinnen. Sie müssen als Risikokapital betrachtet werden, die die zögerliche Kreditvergabe der Banken im Anfangsstadium ersetzen und innovativen Kräften zu einer unternehmerischen Chance verhelfen.