„Abgezockt und Lehrgeld bezahlt“

■ Münchner Staatsanwälte ermitteln gegen höchsten bayerischen Landtagsbeamten wegen Anlagebetrugs

München (taz) – Der höchste Beamte im bayerischen Parlament, Hanns Nöth, soll mehrere Privatleute mit kriminellen Betrügereien abgezockt haben. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Landtagsdirektor wegen des Verdachts, bei kriminellen Anlagegeschäften Beihilfe geleistet zu haben. Einer der mindestens 13 ermittelten Betroffenen ist der Fraktionschef der Bündnisgrünen im Bayerischen Landtag, Manfred Fleischer.

Bereits am vergangenen Donnerstag hatten die Staatsanwälte das Büro und die Wohnung von Nöth durchsucht. Sie vermuten, daß sich Nöth an den Geschäften eines Rechtsanwalts beteiligt hat, der im vergangenen Oktober von einem Gericht in Kassel zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Der Anwalt hatte in mehr als 200 Fällen Anleger mit hohen Renditeversprechen geködert und dazu gebracht, hohe Summen in Geschäfte mit sogenannten „Bankgarantien“ zu investieren, ohne daß dafür Sicherheiten vorhanden gewesen wären.

Nöth soll für diesen Anwalt vom Frühjahr 1994 bis zum Mai 1995 auf Provisionsbasis gearbeitet haben, so ein Münchner Staatsanwalt. Dabei habe er die Anleger dazu gebracht, rund eine Million Mark zu investieren.

Manfred Fleischer, Fraktionschef der Bündnisgrünen, ließ sich ebenfalls von den hohen Renditen locken. Er erklärte, er habe vor zwei Jahren 50.000 Mark in die Geschäfte Nöths investiert. Davon habe er „bisher nur 9.000 Mark wiedergesehen“, gab Fleischer an. „Ich bin abgezockt worden und habe Lehrgeld bezahlt.“ Nach Nöths zunächst vertrauenswürdig erscheinenden Empfehlungen habe sich bald herausgestellt, daß die Anlagegeschäfte eine „Schneeballseifenblase“ gewesen seien, so der gelernte Förster Manfred Fleischer. Die geprellten Anleger hatten sich bis zu zuletzt Hoffnungen gemacht, Nöth werde den Schaden wieder ausgleichen.

Nöth war als Landtagsdirektor der oberste Beamte im Parlament und Vorgesetzter aller Bediensteten des Landtags. Er ist kein politischer Beamter, sondern bis zum Ruhestand berufen. Wenn sich die Vorwürfe der Staatsanwälte erhärten, könnte Nöth allerdings vom Dienst suspendiert werden. „Wir müssen aber erst noch den Verlauf der Ermittlungen abwarten“, sagte Landtagspräsident Johann Böhm (CSU) gestern in München. Felix Berth