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Press-SchlagBlechen statt kassieren

■ Die Tischtennis-Bundesliga ist bereit, für Fernsehübertragungen zu zahlen

Kurz ein Ausflug in die Wirtschaftslehre, Grundlagenkapitel eins: Wie schließt man ein Geschäft ab? Indem man etwas anbietet, was der Geschäftspartner haben möchte. Und damit er es kriegt, gibt er dem Anbieter etwas dafür zurück. Sind die Geschäftspartner noch sehr klein, werden Bonbons oder ersatzweise Fußballsammelbilder als Währung akzeptiert, später nur noch Geld. So ist das normalerweise.

Die Tischtennisspieler allerdings wollen für ihr Produkt nicht mal Fußballsammelbilder; sie haben dem Spartensender Deutsches Sportfernsehen (DSF) angeboten, ihm dafür 600.000 Mark zu zahlen, daß er 12 Bundesligaspiele live überträgt. Insgesamt eine Million Mark Übertragungskosten hat das DSF errechnet, weil es ziemlich komplizierte Technik erfordert, den Flug des kleinen, weißen Balles für den Zuschauer halbwegs nachvollziehbar zu machen; 40 Prozent davon sollen vom DSF kommen, der Rest von den Klubs. Zahlen statt kassieren also.

Bisher haben Sportarten von den Fernsehsendern Geld gekriegt für die Übertragung ihrer Darbietungen. Daß seine Plattenzauberer sich zu wirtschaftspolitischen Revolutionären entwickeln wollen, gefällt Hans Wilhelm Gäb überhaupt nicht. Gäb ist Ehrenpräsident des Deutschen Tischtennis Bunds (DTTB) und findet es „imageschädigend und amateurhaft“, was die Klubs sich ausgedacht haben. „Weil ich meine Ware nicht verkaufen kann, verschenke ich sie und zahle dem Empfänger auch noch was drauf? Das darf nicht sein.“

Gäb ist ein Purist; er war Präsident des Verbandes, als die Verhandlungsbasis für alle Sportarten günstiger war, weil das breite Publikum noch Notiz nahm von Paderborner Volleyballern, Düsseldorfer Tischtennisspielern, Gummersbacher Handballern. Deren Europapokalspiele wurden zum Teil in den Dritten live gezeigt, und das Fernsehvolk saß mt Schwitzehänden um den Bildschirm.

Vorbei.

Das Interesse hat sich verschoben, selbst Freundschaftsländerspiele der Fußballnationalmannschaft haben nicht mehr den Stellenwert wie früher, weil sich die Begeisterung offenbar in tausend TV-Stunden Fußballbundesliga und Europapokal erschöpft. Und alles andere verblaßt ohnehin. Seit sich die Dinge, politisch gesehen, entspannt haben in Europa, hat der Sport seine Funktion verloren, die Qualität des einen im Vergleich mit dem anderen System zu dokumentieren.

Hinzu kommt der Mangel an Persönlichkeiten. Nach 14 Jahren Helmut Kohl entwickeln sich im Land der Braven und Gezähmten keine gegen den Strich gebürsteten Athleten mehr wie der Turner Eberhard Gienger, der Volleyballer Burkhard Sude, der Handballer Erhard Wunderlich.

Das ist der Hintergrund, vor dem die Verhandlungen der Tischtennisspieler mit dem DSF zu sehen sind, und ganz gleich, ob sie zu einem Ergebnis kommen oder nicht: sie sind zukunftsweisend. Kai Blasberg, Programmdirektor des DSF, sagt: „Unterhalb des Fußballs sehe ich langfristig niemanden, der Lizenzgebühren verlangen kann.“ Weil die Sportvereine trotz allgemein nachlassenden Interesses auf Fernsehpräsenz angewiesen sind, weil sie ja ihren Sponsoren auf Sekunde und Minute vorrechnen müssen, wie oft deren Logo im Bild gewesen ist, werden sie nicht umhin kommen, für Sendezeit zu zahlen. Ist das unredlich?

Keineswegs, sagt Blasberg: „Wir erpressen niemanden. Wir bieten uns als Abspielebene an.“ Und für ein Angebot muß man zahlen.

Zahlen? Die Tischtennisvereine bezeichnen es lieber als „finanziell in Vorlage gehen“, weil sie die Bundesligaspiele nach Asien weiterverkaufen wollen, wo sich jedermann für die Bundesliga begeistert, weil ja in Deutschland die gesamte asiatische Elite an die Platte tritt. Auf diese Weise bekämen die Klubs doch Geld für ihr Produkt. Noch ein Ausflug in die Wirtschaftslehre, Grundlagenkapitel zwei: Ein Geschäft kann auch über den fernöstlichen Umweg funktionieren. Holger Gertz

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