Weizsäcker gegen Kohl

■ Altbundespräsident widerspricht der gereizten Kritik des Bundeskanzlers

Berlin (taz) – Altbundespräsident Richard von Weizsäcker hat die abfällige Bemerkung des CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl, Weizsäcker gehöre „nicht mehr zu uns“, auf seine feinsinnige Art bestätigt. Seine CDU-Mitgliedschaft ruhe, seitdem er in das Amt des Bundespräsidenten gewählt worden sei, sagte Weizsäcker der Woche. Damals habe ihn die Mehrheit aller Fraktionen der Bundesversammlung gewählt. Er habe es für angemessen gehalten, so Weizsäcker, „daß ich dieses Zutrauen zur Unabhängigkeit im Amt nach dem Ausscheiden aus dem Amt erhalten möchte“.

Weizsäcker äußerte sich auch zur Kritik des Kanzlers, der sich am Montag vor der CDU/CSU- Bundestagsfraktion über den Expräsidenten in Rage geredet hatte. Weizsäcker hatte im Spiegel der Regierung vorgeworfen, sich fast nur um den Machterhalt zu kümmern. Kohl beklagte daraufhin, Weizsäcker kritisiere heute die CDU, der er alles zu verdanken habe. Er selbst habe ihn 1979 zum Spitzenkandidaten in Berlin gemacht, so Kohl. „Dankbarkeit unter Menschen ist eine edle und wichtige Tugend“, antwortete Weizsäcker. „Dankbarkeitsverhältnisse in der Parteipolitik müssen vor der Gefahr bewahrt bleiben, dadurch Abhängigkeitsverhältnisse zu schaffen.“ J.K.

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