„Schuß aus der Hüfte“

■ Volker Lempp, Jurist beim Autoclub ACE, zum Führerscheinentzug für Kleinkriminelle

taz: Das Auto ist des Straftäters liebstes Spielzeug, sagt Herta Däubler-Gmelin und fordert Führerscheinentzug für Ladendiebe, Schwarzfahrer und andere Kleinkriminelle. Finden Sie die Idee bestechend?

Volker Lempp: Ich weiß nicht, was sie sich davon verspricht. Jede Strafe für Kleinkriminelle muß doch zunächst den Sinn und Zweck haben, diese Kleinkriminalität einzudämmen. Und da legt die SPD nichts vor, das dies beweisen würde. Da müßten Statistiker und Kriminalexperten erst einmal Material geben, das besagt, daß ein Fahrverbot abschreckt. Ich glaube nämlich nicht, daß sich Kleinkriminalität mit Führerscheinentzug eindämmen läßt. Das Ganze ist ein Schuß aus der Hüfte.

Ein Fahrverbot ist psychologisch eine relevante Maßnahme: Freizeitentzug statt Geldstrafe.

Aber es wird doch niemand daran denken, die Geldstrafe entfallen zu lassen. Der Führerscheinentzug soll doch nur zusätzlich strafen.

Verkehrspsychologen behaupten aber, daß ein Fahrverbot Menschen zur Räson und ins Grübeln bringt.

Wenn jemand die kriminelle Energie aufwendet, einer Oma die Handtasche wegzunehmen, hält der sich doch nicht an ein Fahrverbot, da ist er viel zu abgebrüht.

In den USA funktioniert diese Sanktion. Dort wird unterhaltssäumigen Vätern mit Führerscheinentzug gedroht. Mit Erfolg – viele der Herren zahlen.

Unser Verkehrsrecht sieht das Fahrverbot nicht als Strafe, sondern als Erziehungsmaßnahme vor. Dem Kraftfahrer soll gezeigt werden, wie es ist, einen Monat kein Auto zu fahren. Er wird angehalten, die Vorschriften im Straßenverkehr besser zu beachten.

Bei einem Fahrverbot als Allzweckstrafe rückt der Erziehungsgedanke jedoch völlig in den Hintergrund. Es müßte rechtlich wie eine Geld- oder Freiheitsstrafe behandelt werden. Es würde zur Strafe und Abschreckung. Das geht zu weit, und rechtlich ginge das doch nicht.

Wird Ihr Verband gegen eine mögliche Gesetzesinitiative bei der SPD protestieren?

Also protestieren ginge mir jetzt zu weit. Aber wir würden sagen: Tut Butter bei die Fische. Begründet uns, wie durch ein Fahrverbot die Kleinkriminalität eingedämmt werden soll. Das ist für uns die Bewährungsprobe.

Und wenn Frau Däubler-Gmelin Ihnen einsichtige Gründe vorlegen könnte, würden Sie ein Verbot akzeptieren?

Dann würden wir noch einmal in uns gehen. Interview: Annette Rogalla