Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Alle Sagen: I Love You USA 1996, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Dew Barrymore, Julia Roberts, Tim Roth

Es läßt schon Schlimmes vermuten, wenn Woody Allen im Presseheft schreibt, er wollte „amüsantes, unterhaltsames Konfekt“machen. Dies sei ein „grob gezeichneter Film, fast wie ein Cartoon, mit komischen Charakteren, die größer als im Leben sind“. Es ist immer ein schlechtes Zeichen wenn ein Filmemacher klingt wie seine oberflächlichsten, gefälligsten Kritiken, aber dies ist halt auch ein oberflächlicher, selbstgefälliger Film. Allen entpuppt sich hier als schlimmer Snob, und seine hochgerühmten geographischen Aufbrüche aus dem heimatlichen Manhattan nach Paris und Venedig können kaum als wirkliche Neuanfänge gelten. Allen modelliert beide Städte in Versionen seines eigenen Terrains um, die fast ausschließlich von reichen New Yorkern bewohnt werden. Der oberflächlich europhile Allen war nie so nah zu dem berühmten Cartoon von Saul Steinberg, in dem die Welt nur die rudimentären Ränder von Manhattan bildet. Und bei der Verwendung von Musicalnummern – bei denen die Filmfiguren plötzlich zu singen anfangen, begleitet von Juwelieren, Krankenschwestern, und sogar Phantomen – hat auch Allen keine neue Lösung dabei gefunden, die Erzählung um die Musik herum zu strukturieren: Die Shownummern und ihre angestrengte Heiterkeit erinnern verdächtig an die Werke von Dennis Potter wie „The Singing Detective“oder „Pennies from Heaven“. Wenn man diese abgekupferten Musical-Elemente und das Inseldenken des New Yorker Stadtneurotikers aus dem Film herausnimmt, bleibt nur eine von jenen leichtgewichtigen moralischen Komödien übrig, die die französischen Routiniers für die Hälfte des Geldes und mit viel weniger Brimborium zustandebringen.“(Sight and Sound) Atlantis, UT-Kino

Aus dem Dschungel in den Dschungel USA 1997, R: John Pasquin, D: Tim Allen, Sam Huntington, Martin Short

„Wie „Das Bankentrio“, „Noch drei Männer, noch ein Baby“und „Daddy Cool“basiert auch dieser Film auf einer französischen Erfolgskomödie. Vorlage ist Herve Paluds „Little Indian“, der mit über sieben Millionen Zuschauern der erfolgreichste Film des Jahres 1994 war. Ein Börsenmakler reist in den venezuelanischen Regenwald, um seine Ex-Frau zur Unterzeichnung der Scheidungspapiere zu veranlassen. Im Busch angekommen, macht er die bestürzende Entdeckung, daß er Vater eines 13jährigen Sohnes ist, der alsbald seinen Erzeuger nach New York begleitet. Dort entwickelt sich das übliche Kultur-Crash-Chaos. Ein netter, harmloser Familienspaß, der sich nur durch sein US-Kolorit vom Original unterscheidet.“(Cinema) UFA-Stern, UT-Kinocenter

B

Bean Großbritannien 1997, R: Mel Smith, D: Rowan Atkinson, Burt Reynolds

„Nicht von ungefähr findet sich die Warnung, man habe es mit dem „ultimativen Katastrophenfilm“zu tun, im Untertitel des ersten Filmabenteuers des im Fernsehen und Video längst zum Kulthelden avancierten Mr. Bean: Da, wo das von Rowan Atkinson gewohnt kongenial dargestellte Strichmännchen bei seinem Besuch der Vereingten Staaten hintritt, wird die Neue Welt in ihren Grundfesten erschüttert – zum Gaudium des komödienhungrigen Publikums, das von „Bean“ganz nach seinen Bedürfnissen bedient wird. Atkinson und sein Regisseur Mel Smith taten gut daran, den unverkennbaren, clever zwischen Stummfilmheroen wie Langdon und Keaton sowie modernen Leinwandkasperln wie Lewis und Carrey angelegten Tunichtgut weitgehend unangetastet zu lassen: Immer noch hinterläßt der Kindskopf mit dem Gemüt eines Simplicissimus eine Spur der Zerstörung, ohne sich des Umfangs seiner Handlungen bewußt zu sein. Der Schritt auf die große Leinwand ist ein Unternehmen, bei dem nichts schiefgehen kann.“(Blickpunkt: Film) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Solitaire (Westerstede), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), MUWI-Filmkunst (Ol)

Brassed Off – Mit Pauken und Trompeten Großbritannien 1997, R: Mark Herman, D: Pete Postlewaite, Evan McGregor, Tara Fitzgerald

Wer will schon einen Film über das Wohl und Wehe einer Blaskapelle sehen? Allein all die unvermeindliche Humptata-Musik müßte eigentlich jeden halbwegs geschmacksicheren Kinogänger abschrecken. Dazu noch als deprimierender Hintergrund die Schließung eines Kohlen-Bergwerks im britischen Yorkshire: Regisseur Mark Herman hat sich einen denkbar unattraktiven Stoff für seine Komödie ausgesucht, und umso überraschender ist es, wenn nach dem Film ein großer Teil des Publikums leise Märsche vor sich herpfeift, andere sich die Augen wischen, und alle sich prächtig amüsiert haben. Die traditionsreiche Perle des proletarischen Gemeindelebens von Grimley ist die „Colliery Band“, geleitet vom strengen und ehrgeizigen Dirigenten Danny, der von Pete Postlewaite mit soviel Wärme, Witz und natürlicher Autorität gespielt wird, daß wir ihm am Schluß sogar seine wundersame Heilung vom Todkranken zum flammenden Redner in der Royal Albert Hall abnehmen. Herman bringt uns die Bandmitglieder und ihre Familien als eine verschworene Gemeinschaft von skurillen Charakteren nahe, und mit perfekt gesetzten Pointen gelingt es ihm, eine feine Balance zwischen Gefühl und Humor zu halten. Uns berühren die Zukunftsängste und Ohnmachtsgefühle der Bergarbeiter, und doch lachen wir im nächsten Moment aus vollem Halse. (hip) Schauburg, Casablanca (Ol)

Bugs Bunnys wilde verwegene Jagd USA 1947-79, R: Chuck Jones

„Eine Zusammenstellung alter Abenteuer von Bugs Bunny und seinen Kollegen, ergänzt durch eine neu gezeichnete Rahmenhandlung von Chuck Jones, der zusammen mit Tex Avery und Fritz Freleng 1936 in den Animationsstudios der Warner Brothers dieses Kaninchen erfand, das mit seiner nonchalanten Unbekümmertheit und seinem vorwitzigen „wise-cracking“wie eine Zeichentrick-Kombination von James Stewart und Groucho Marx wirkt (wobei Grouchos Zigarre durch eine Möhre ersetzt wurde). In diesen Episoden bewährt sich aufs vergnüglichste die vielgeschmähte Methode der „hurt gags“der Nicht-Disney-Schule; technisch zwar nicht so versiert wie beim großen Walt, aber auch nicht so süßlich; dafür aggresiv und anarchistisch, unprätentiös und unsentimental – und sehr witzig. Ganz im Slam-Bang-Slapstick-Stil amerikanischer Komik-Tradition.“(Die Zeit) Kino 46

C

Chunggking Express Hongkong 1994, R: Wong Kar-Wai, D: Brigitte Lin Ching, Tony Leung, Faye Wang

„Wong Kar-Wais Film erzählt zwei nur lose miteinander verknüpfte Geschichten – beide über liebeskranke Polizisten, die sich mit Frauen einlassen, die nicht gut für sie sind. So waren früher einmal die Filme von Godard: schnell, aus der Hand gefilmt, witzig und sehr sehr hip. In diesem Jahr der schönste Besuch im Heartbreak Hotel.“(Time Out) Atelier, Gondel

E

Ein Vater zuviel USA 1997, R: Ivan Reitman, D: Billie Crystal, Robin Williams, Nastassja Kinski

„Daß Robin Williams ein Ausnahmekomiker ist, steht außer Frage, ebenso Billy Crystal. Was aber passiert, wenn man diese beiden in einen Film steckt? Verderben zwei Spitzenköche den Comedybrei? Ivan Reitman gelingt das Kunststück mit seiner Vaterschaftsposse nach französischem Vorbild (“Zwei irre Spaßvögel“), allerdings nur so lange, wie Crystal ernst und Williams völlig verrückt spielt. Besonders anspruchsvoll ist das Gagmenü meist nicht.“(V.Bleeck) City

Emma USA 1996, R: Douglas McGrath, D: Gwyneth Paltrow, Ewan McGregor

Die schnippische und letztlich furchtbar snobistische Emma ist auf den ersten Blick keine besonders sympathische Heldin, und der dramaturgische Sog des Films entsteht in erster Linie dadurch, daß man darauf hofft, sie möge doch mit ihren törichten Kuppeleien möglichst empfindlich Schiffbruch erleiden. Wenn man ihr aber schließlich doch das typische Happy End gönnt, mit dem die Austin mathematisch genau jedes Deckelchen auf sein Töpfchen setzt, dann liegt das an Gwyneth Paltrow, die die Emma so jugendlich, arglos und gutherzig spielt, daß sie selbst von den strengen englischen Kritikern mehr gelobt als getadelt wurde. Als Amerikanerin versucht sie zum Glück erst gar nicht, sich einen möglichst englischen Tonfall zuzulegen. Wer ein zweites „Sense and Sensibility“erwartet, mag enttäuscht werden, aber „Emma“ist eine grundsolide Adaption mit viel Tratsch und Sinnlichkeit. (hip) Gondel

F

Face Off – Im Körper des Feindes USA 1997, R: John Woo, D: John Travolta, Nicolas Cage, Gina Gershon

„Gleich in der ersten Viertelstunde zündet Regie-Virtuose John Woo ein Action-Feuerwerk, das die Leinwand förmlich explodieren läßt. Was bei anderen Produktionen ein abendfüllendes Spektakel ergeben hätte, dient ihm allein zur Exposition seiner bizarren Story. Hongkong-Veteran Woo (“The Killer“) ist hier auf der Höhe seiner Kunst. Sein dritter amerikanischer Film funktioniert nicht nur als pyrotechnisches Knallbonbon, sondern auch als psychologisches Duell – unterstützt von brillanten Hauptdarstellern. Die schizophrene Atmosphäre sowie die starken Charaktere machen den ewigen Kampf Gut gegen Böse zum Kern eines meisterhaften Melodrams. Den Alptraum, in der Haut des meistgehaßten Feindes zu stecken, erzählt Woo konsequent zu Ende. Dabei nutzt der Regisseur Elemente seiner früheren Filme und inszeniert glänzend choreographierte Todesballette von makabrer Eleganz.“(Bremer) Schauburg, Ufa-Stern, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Das fünfte Element Frankreich 1997, R: Luc Besson, D: Bruce Willis, Gary Oldman, Ian Holm

„Wie das absolut Böse aussieht, wissen wir nicht. Nur einmal können wir seine Stimme hören. Jedenfalls bedroht es als riesige Feuerkugel die Erde. Das Böse hat einen fiesen Handlanger (Gary Oldman) auf Erden, dem sein Hitlerbärtchen an der Unterlippe klebt. Die Guten sind ein New Yorker Taxifahrer und das fünfte Element. Das ist – logisch – eine Frau. Sie kommt von einem fremden Planeten. Die Außerirdischen in diesem Film sind das Rührendste, was seit E.T. auf der Leinwand zu sehen war. Sie sehen aus wie Rhinozerosse, die aufrecht gehen. Besson hat sich keine Zukunft ausgedacht, er hat einfach die Gegenwart ein wenig weiter getrieben. Zwar können die Autos jetzt durch die Luft fahren, aber Verkehrsprobleme gibt es immer noch. Genau wie Zigaretten – nur daß die jetzt mehr Filter als Nikotin haben. Bessons Film ist ein Märchen, einem Indiana-Jones-Film ähnlicher als Tim Burtons zynischem „Mars Attacks“. Selbst Bruce Willis macht hier eine gute Figur.“(taz) Schauburg, City, Ufa-Stern, Gloria (Del), Casablanca (Ol), Solitaire (Westerstede)

Funny Games Österreich 1997, R: Michael Haneke, D: Susanne Lothar, Ulrich Mühe

„Michael Hanekes Film dauert 103 Minuten. So lange braucht es, bis zwei adrett in Weiß gekleidete junge Männer eine Familie massakriert haben. „Funny Games“, sagt Haneke, soll mit der Lüge aufräumen, daß Gewalt konsumierbar sei, Klassenziel erreicht. Trotzdem möchte man gerade in diesem Film mittendrin aufstehen und Big Daddys unsterbliche Worte in den Zuschauerraum brüllen: „Riecht ihr nicht den ekelhaften Gestank der Lüge?“. Die Wahrheit ist laut Haneke, daß das Publikum zwischen echter und inszenierter Gewalt nicht mehr unterschieden kann. Um diesem Irrtum abzuhelfen, zeigt er fast nie die Gewalt selbst, sondern das Leiden, das daraus folgt. Bis man schreiend aus dem Kino laufen möchte. Wäre nur unsere Erziehung der Grund für dieses Massaker, könnte man den Film als lächerliche Anmaßung abtun. Aber eben Hanekes Behauptung, das geschehe alles nur für uns, ist eine Lüge. Wo doch unübersehbar ist, welche Erleichterung es für ihn war, endlich der Familie - und das sind wir, das Publikum, - den Garaus zu machen.“(taz) City

G

Grosse Pointe Blank USA 1997, R: George Armitage, D: John Cusack, Dan Aykroyd, Minnie Driver / Originalfassung ohne Untertitel

„,Psychopathen töten ohne Grund, ich töte für Geld!' Martin Blank hat es in bald zehn Jahren als Auftragskiller weit gebracht, und doch fragt er sich, ob das alles im Leben ist. Ärger macht ihm auch sein einstiger Förderer Mr. Grocer, der ihn unbedingt zur Gründung einer Killergewerkschaft überreden will. In einer mißlichen Lage wie dieser kommt das zehnjährige Highschool-Treffen in Grosse Pointe, Michigan gerade recht. Dort trifft Martin seine Jugendliebe wieder, doch gerade als der Killer über ein neues Leben nachdenkt, wird ihm mitgeteilt, wer als neues Opfer auf seine Abschußliste gesetzt wurde. Regieveteran George Armitage („Miami Blues“) ist eine der seltsamsten, erfrischensten und witzigsten Killerkomödien der letzten Zeit gelungen. Wer's makaber mag, hat seine Freude.“(TV-Spielfilm) UFA-Palast

H

Happy Together Hongkong 1996, R: Wong Kar-Wai, D: Leslie Cheung, Tony Leung Chui-wai

„Zwei so hübsche, so elegante und geschmeidige Burschen wie Leslie Cheung und Tony Leung gibt es im Kino nicht alle Tage: Hongkong-Popstars sind sie und überdies die umschwärmten Lieblingsschauspieler des umschwärmten Regisseurs Wong Kar-wai. Diesmal hat er sie zu einer amour fou angestiftet, die die beiden weit in die Ferne nach Argentinien treibt. Die Ferne erweist sich als feindlich, und während die Freunde sich in den schäbigsten Ecken von Buenos Aires durchhungern, verwandelt ihre Leidenschaft sich in eine Haßliebe, bei der die Fetzen fliegen. Wong gehört in diesen unterkühlten Tagen zu den letzten Filmemachern, die auf eine heiße, ungeschönt heftige Art von der großen Leidenschaft und ihren Qualen zu erzählen wagen. „Happy Together“, geradezu tollkühn von Drehtag zu Drehtag vor Ort improvisiert, ist ein erstaunliches filmisches Erzähl-Abenteuer, dem Astor Piazzollas Bandoneon die Zärtlichkeit gibt, die Dimension von Melancholie und Utopie.“(Der Spiegel) Filmstudio

Hunger Deutschland 1996, R: Dana Vavrova, D: Catherine Flemming, Kai Wiesinger, Christiane Hörbiger

„Nachdem schon einige Komödien des neueren deutschen Kinos an die Klamotten der 50er Jahre anzuknüpfen scheinen, so drängt sich nach „Hunger“die Vermutung auf, daß eine weiter Verbindung zwischen dem ganz jungen und dem ganz alten deutschen Film besteht: Der „Problemfilm“. „Hunger“ist das Portrait einer Frau, die an Bulimie leidet, die manisch in sich hineinfrißt, um es gleich danach wieder auszukotzen. Eigentlich das „richtige“Thema für eine psychologische Studie, doch schon das Setting in der Welt des jungen, gehobenen Mittelstandes, läßt erste Befürchtungen aufkeimen: Laura ist – was den sonst – Marketing-Chefin. Sie trifft auf Simon, einen – was den sonst? – Graffitikünstler, der ansonsten einen edlen Juwelierladen betreibt. Lauras Freßschübe hat Vavrova allzu effektvoll inszeniert: mit Weißblenden und kräftigen Bässen auf der Tonspur. Wer es mit Dana Vavrova, der Ehefrau von Joseph Vilsmaier und Hauptdarstellerin seiner Filme, böse meint, könnte finden, daß sie ihr Thema an die Stereotypen des neueren deutschen Films verraten hat. Tragischer aber noch wirkt der Umstand, daß die Introspektion in das Denken von Laura, das Wechselspiel von Innensicht und Außenwelt nicht funktioniert.“(epd-Film) Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Apollo (Whv)

I

Im Körper des Feindes USA 1997, R: John Woo, D: John Travolta, Nicolas Cage, Joan Allen, Gina Gershon

„Gleich in der ersten Viertelstunde zündet Regie-Virtuose John Woo ein Action-Feuerwerk, das die Leinwand förmlich explodieren läßt. Was bei anderen Produktionen ein abendfüllendes Spektakel ergeben hätte, dient ihm allein zur Exposition seiner bizarren Story. Hongkong-Veteran Woo („The Killer“) ist hier auf der Höhe seiner Kunst. Sein dritter amerikanischer Film funktioniert nicht nur als pyrotechnisches Knallbonbon, sondern auch als psychologisches Duell – unterstützt von brillanten Hauptdarstellern. Die schizophrene Atmosphäre sowie die starken Charaktere machen den ewigen Kampf Gut gegen Böse zum Kern eines meisterhaften Melodrams. Den Alptraum, in der Haut des meistgehaßten Feindes zu stecken, erzählt John Woo konsequent zu Ende. Dabei nutzt der Regisseur Elemente seiner früheren Filme und inszeniert glänzend choreographierte Todesballette von makabrer Eleganz.“(Bremer) City, Europa, Lichtspielhaus (Del)

In Love and War USA 1996, R: Richard Attenborough, D: Sandra Bullock, Chris O'Donnell

„Richard Attenborough will nicht nur der Geschichte zeigen, was – ha! – eine richtige Harke ist, sondern auch der Literatur. 1918 zog Ernest Hemingway, gerade 18jährig, als Kriegsberichterstatter nach Italien. Er wurde schwer verletzt und verliebte sich in seine 26jährige Krankenschwester, auf deren Tagebüchern der Film beruht. „In Love and War“ist für mich das Schlimmste, was es überhaupt gibt, nämlich ein sogenannter „Ein-bißchen-Film“. Es herrscht ein bißchen Krieg, aber nicht zu doll, damit das Publikum nicht erschrickt, und manchmal ist jemand ein bißchen tot. Alles ist Dekor, nur Chris O'Donnells exorbitante Dämlichkeit als Schauspieler leider nicht. Als Hemingway ist er so geeignet wie ich es an Liz Taylors Stelle als Cleopatra gewesen wäre. Schade nur um Sandra Bullock, die mit ihrer Ernsthaftigkeit jedem noch so schlechten Film ein wenig Wärme einhauchen kann.“(Anke Westphal, taz) UFA-Stern

I Shot Andy Warhol USA 1996, R: Mary Harron, D: Lili Taylor, Jarde Harris

„Fast 20 Jahre, nachdem die Feministin Valerie Solanas versucht hat, Andy Warhol zu erschießen, ist dies der Versuch, ihre Person und Motive darzustellen. Der Film überzeugt durch seine Parteilichkeit, und die Hauptdarstellerin Lili Taylor versteht es, den radikalen Positionen Valier Solanas sowohl Witz wie auch Logik zu geben. Warhol-Verehrer seien ausdrücklich gewarnt, denn er und sein Clan kommen eher debil und tuntig daher.“(tip) Kino 46

In Sachen Liebe USA 1997, R: Griffin Dunne, D: Meg Ryan, Matthew Broderick

„Stellen Sie sich vor, Sie wären Regisseur. Wen würden Sie als deftige Mischung aus dem Rüpel-Mädel Tank Girl und der Hobel-Braut Barb Wire besetzen? Griffin Dunne, selbst Schauspieler, dachte für „In Sachen Liebe“um die Ecke. Er engagierte – nein! ja! – Kullerauge Meg Ryan. Eine kluge Entscheidung. Denn als Maggie, die ihren französischen Ex-Verlobten Anton zugrunde richtet, gibt Meg einen teuflisch bösen Rachengel ab. Zur Seite steht ihr herrlich naiv Matthew Broderick, dessen EX-Verlobte mit eben jenem Anton zusammenlebt. Daß bei dieser platonischen Interessengemeinschaft Liebesversehrter irgendwann die Gefühle purzelbaumschlagen, ist klar. Denn seit „Harry und Sally“wissen wir: Männer und Frauen können auf Dauer nicht nur Freunde sein. Was „In Sachen Liebe“sehenswert macht? Daß Griffin Dunne das Kunststück vollbracht hat, eine Liebeskomödie zu drehen, die hundsgemein ist. Und weil sie zeigt, daß uns enttäuschte Gefühle in grandiose Arschlöcher verwandeln.“(Cinema) UT-Kinocenter

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann – genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“(Der Spiegel) Cinema, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

K

Knockin' On Heaven's Door Deutschland 1997, R: Thomas John, D: Till Schweiger, Jan Josef Liefers

„Auch Lausbuben kommen manchmal in den Himmel; das Sterbenmüssen ist offenbar Strafe genug dafür, wie sie über die Stränge schlugen. Hier geht es also um zwei junge Kerle, die sich als ,Abnippel-Experten' verstehen dürfen: Jeder für sich hat soeben im Krankenhaus die Diagnose erhalten, daß sein letztes Stündlein nahe bevorstehe; doch da sie sich beide zu munter zur Verzweiflung fühlen, fassen sie gemeinsam Mut zu einem letzten Ausbruch ins nie gelebte Leben. Weithin, zugegeben, ist diese Actionkomödie ein recht kumpelhaftes Abenteuer, bei dem viele freundliche Frauen immer nur kurz hereinschauen. Doch eben diese Frauenferne bewahrt den Helden ihre Unschuld: Lausbuben sind und bleiben sie und also unwiderstehlich. Wer will schon beim Sterben der erste sein? Aber so heiteren Herzens sieht man Kinohelden nicht alle Tage zum Himmel fahren.“(Der Spiegel) UFA-Stern

Kolya Tschechien/Großbritannien 1996, R: Jan Sverak, D: Zdenek Sverak, Andrej Chalimon

„Garantiert überlegen in Hollywood schon etliche Produzenten fieberhaft, welchen ergrauten Superstar – Robert Redford? Jack Nicholson? – sie für ein Remake von „Kolya“begeistern könnten. Gefragt, worum es in der oscar-prämierten Tragikomödie aus Tschechien eigentlich geht, würden sie dann vermutlich im typisch knappen Hollywood-Jargon antworten: „Green Card“meets „Kramer gegen Kramer“. Der wegen politischer Mißliebigkeit kaltgestellte Prager Cellist Frantisek läßt sich auf eine Scheinehe mit einer Russin ein. Als seine Gatin in die BRD rübermacht, hat der Kinderhasser und notorische Casanova plötzlich ihren fünfjährigen Sohn Kolya am Hals. Die Tränendrüse wird nicht strapaziert, dennoch trifft der Film mitten ins Herz. Ohne billige Effekte und mit viel Humor. Ein echtes Juwel.“(Cinema) City, Casablanca (Ol), Apollo (Whv)

M

Der Malteser Falke USA 1941, R: John Huston, D: Humphrey Bogart, Mary Astor, Peter Lorre

„Regiedebüt John Hustons und einer der Filme, die Humphrey Bogarts Popularität begründeten. Legendärer stilbildender Film der „schwarzen Serie“, die er mitdefinierte, perfekt gebaut, bestechend gespielt, zynisch, pessimistisch und voller schwärzestem Humor, präzise in den Dialogen (die teilweise bei einem bogartbegeisterten Publikum zu Sprichwörtern geworden sind), beeindruckend in der Dichte der „schwarzen“Atmosphäre, die nicht zuletzt durch die Komposition von Licht und Schatteneffekten in der Tradition des deutschen Expressionismus erreicht wird. Verfilmung des Romans von Dashiell Hammett, der bereits vorher zweimal als Drehbuchvorlage diente.“(Lexikon des internationalen Films) Filmstudio

Meisterdetektiv Kalle Blomquist lebt gefährlich Schweden 1996, R: Göran Carmback, D: Malte Forsberg, Joesfin Arling

„Ohne Kalle Blomquist, die tapfere Eva-Lotta und den mutigen Anders kommt der Kommissar in dem Mordfall Gren nicht weiter. Ganz zeitgemäß ist der mit Geheimsprache und Holzschwertern geführte Kampf zwischen der Weißen und Roten Rose um den Talisman „Groß-Mummrich“nicht mehr. Die Verfilmung verhält sich mit zaghaften Modernisierungsansätzen zu dem 1951 geschriebene Buch ein wenig unentschlossen. Aber die Geschichten von Astrid Lindgren sind einfach packend.“(tip) UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Men in black USA 1997, R: Barry Sonnenfeld, D: Tommy Lee Jones, Will Smith, Linda Fiorentino

„M.I.B. ist ein unprätentiöser Film, der im Kleinen Größe zeigt – also das genaue Gegenteil von Luc Bessons Das fünfte Element. Er läßt dem Zuschauer Zeit, die Vielfalt der Aliens zu bestaunen. In schönster B-Film-Tradition kommt M.I.B. gleich in der ersten Szene zur Sache, wenn die Grenzpolizei in New Mexico einen LKW anhält, voll mit illegalen Einwanderern – „illegal aliens“, wie es doppeldeutig im Englischen heißt, von denen einer tatsächlich ein Außerirdischer ist. Dessen Enttarnung bleibt allerdings zwei plötzlich auftauchenden M.I.B. vorbehalten, die den Grenzverletzer leider erschießen müssen. Da staunen die Grenzpolizisten nicht schlecht, aber nur solange, bis M.I.B.-Agent K. ihr Kurzzeitgedächtnis mit einem Blitz aus seinem Zauberstab löscht. Seit 1962 sind die Aliens unter uns, erfahren wir. Manhattan ist das Tor zu unserer Welt, wo fortwährend intergalaktische Flüchtlinge eintreffen. Daß die Menschheit nichts davon weiß, ist das Verdienst dieser Behörde, die jeden Neuankömmling genau unter die Lupe nimmt, Aufenthaltsbeschränkungen ausspricht und Kriminelle jagt.“(epd) UT-Kinocenter, Ufa-Palast, Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen), Solitaire (Westerstede), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Mikrokosmos Frankreich/Schweiz/Italien 1995, R: Claude Nuridsany, Marie Perennou

„15 Jahre Vorbereitung, drei Jahre Drehzeit, sechs Monate Schneiden von 80 Kilometer Filmmaterial haben sich gelohnt: „Mikrokosmos“entführt in eine Zauberwelt voller Metamorphosen, in der Wespen über das Wasser laufen und Mücken wie Wassernymphen im Mondlicht schwirren. Im Mittelpunkt der Naturdokumentation des französischen Forscherteams stehen die Insektenbewohner einer Wiese. Mit Hilfe von speziellen Kameras gelangen den Forschern ungewöhnliche Aufnahmen, beispielsweise von der Argyronet-Wasserspinne, die ihre Beute in einer selbstgeschaffenen Luftblase verspeist. Mit seinen phantastischen Bildern, den hinreißend schönen Landschafts- und Himmelseinstellungen dürfte „Mikrokosmos“auch im Kino sein Publikum finden.“(Silke Schütze) UFA-Palast

Mrs. Dalloway GB/NL 1997, R: Marleen Gorris, D: Vanessa Redgrave

„Vanessa Redgrave kann das: mit allen Wassern des Irdischen gewaschen und doch melancholisch entrückt aussehen, die spröde Kluge spielen und zugleich eine Aura von Geheimnis verbreiten, anwesend und abwesend in einem sein. Wenn Marleen Gorris' Verfilmung von Virginia Woolfs Roman „Mrs. Dalloway“eines hat, dann ist es die perfekte Hauptdarstellerin. Es ist eine riskante Unternehmung, im Grunde die Quadratur des Kreises: einen Roman zu verfilmen, dessen Handlung (fast) nichts, dessen Sprachgewalt und Innenweltschau aber (fast) alles sind. Die Schnittmenge aus Film und Buch bilden vor allem die sensibel geschilderten Sinneneindrücke und das die innere Befindlichkeit spiegelnde – und beeinflussende – äußere Leben. Erzählt wird ein Tag im Leben einer Frau der englischen Oberklasse, die morgens durch London schlendert und abends eine Party gibt.“(epd) Atelier, Cinema, Passage (Del)

N

Napoleon – Abenteuer auf vier Pfoten Australien 1995, R: Mario Andreacchio

„Der Golden Retriever-Welpe namens Napoleon erlebt aufregende Abenteuer in der wilden Natur Australiens. Ein faszinierender Tierfilm - hätte man auf die Musik gesetzt, den Tieren keine Stimmen ins Maul gelegt und statt dessen einen Erzähler genommen. Doch so verliert die wunderbar inszenierte Geschichte ihren besonderen Zauber.“(tip) Gondel

Niki de Saint Phalle Deutschland 1995, R: Peter Schamoni

„Kennen Sie den „Tarot Garten“von Niki de Saint Phalle in der Toskana? Sie werden ihn besuchen wollen, wenn Sie den Dokumentarfilm von Peter Schamoni gesehen haben. Schamoni hat hier einige Stationen ihrer Künstlerwerdung nachgezeichnet. Er läßt die Künstlerin sprechen, er nimmt ihr bedingunslos ab, was sie von sich selbst preisgibt. So entsteht ein fast distanzloses Portrait, und das ist auch das große Manko des Films, der sich nicht recht entscheiden kann zwischen einem Lehrfilm über die Entwicklung eines Künstlerpaares, einem Dokumentarfilm oder einem Film, der die Liebe zur Kunst fördern will. So hat er von allem ein bißchen, wirft mit Brocken von Informationen um sich und verläßt sich letztendlich auf die ungeheure Kraft der Kunst von Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely.“(tip) Kino 46

Noch einmal mit Gefühl USA 1997, R: Carl Reiner, D: Bette Midler, Dennis Farina

„Wenn die Eltern geschieden sind und zur Hochzeit der einzigen Tochter geladen werden, sollte man annehmen, daß beide sich zusammenreißen. Doch als Molly erfährt, daß Bräutigam Keith ihre seit zwölf Jahren geschiedenen Eltern eingeladen hat, muß sie das Schlimmste befürchten. Denn sie weiß, daß ihre exaltierte Mutter und ihr nicht minder heißblütiger Vater keine Gelegenheit auslassen werden, einander fertigzumachen. Es ist alles ganz amüsant und auch durchaus überraschend, was Comedy-Veteran Carl Reiner hier im doppelten Sinne anrichtet. Doch neben dem Powerpaar Bette Midler/Dennis Farina verblaßt die restliche Besetzung. Und nicht zuletzt wegen Bette Midler wirkt das Ganze wie eine umgedrehte Version der Racheengelsaga „Der Club der Teufelinnen“. Und das ist gar nicht gut.“(TV-Spielfilm) UFA-Stern, UT-Kinocenter

O

One Night Stand USA 1997, R: Mike Figgis, D: Wesley Snipes, Nastassja Kinski, Robert Downey Jr.

„Was laut marktschreierischer Verleih-Werbung ein „brisanter Erotik-Thriller über die unkontrollierbare Macht sexuellen Verlangens“ist, entwickelt sich unter der einfühlsamen Regie von Mike Figgis („Leaving Las Vegas“), der auch wieder die Musik schrieb, zur glaubwürdigen Beschreibung einer Identitäts- und Ehekrise. Exakte Beobachtungsgabe und glänzende Schauspielerführung sorgen dafür, daß die Geschichte nie im Sumpf der Klischees versackt. Denn was man aus ähnlich gelagerten Filmen kennt und erwartet, geschieht hier nicht. Das ursprüngliche Drehbuch von „Basic Instinct“-Autor Joe Eszterhas wurde von Mike Figgis selbst noch einmal kräftig überarbeitet.“(Dorothee Lackner) UFA-Palast

Operation: Broken Arrow USA 1996, R: John Woo, D: John Travolta

„Dies ist der zweite amerikanische Film von John Woo, der seit langem als der brillianteste Haudegen des Hongkong-Kinos gilt. Sein Kult-Ruhm im Westen gründet auf düsteren, blutspritzenden Gangsterballaden. Auch „Operation: Broken Arrow“ist fabelhaft rasant inszeniert, aber wie eine Komödie von Pointe zu Pointe. Es ist, als hätte Woo seinen ganzen Virtuosen-Ehrgeiz daran gesetzt, ein Feuerwerk an Oberflächenreizen zu entzünden, eine bedeutungsfreie Montage-Choreographie des Kampfes. Doch diesmal ist der Schurke der Star, und das ist John Travolta. Seine Kunst, eine Figur von außen her auf einer Handvoll scharfer Manierismen aufzubauen, ist wieder einmal unwiderstehlich; und warum er trotzdem keinen Oscar kriegt, weiß ja jeder.“(Der Spiegel) City

P

Passion Fish USA 1992, R: John Sayles D: Mary McDonnell, Alfe Woodard

„Nach einem Unfall ist eine erfolgreiche Schauspielerin in der unteren Körperhälfte gelähmt. In ihrer Heimat Louisianna gewinnt sie mit Hilfe einer Pflegerin langsam ihren Lebensmut zurück. Ein Film voller Lebensmut und Optimismus, der geschickt die Atmosphäre des amerikanischen Südens und der Cajun-Musik in seine Inszenierung einbindet.“(Film-Dienst) Kino 46

S

Der Schatz der Sierra Madre USA 1947, R: John Huston, D: Humphrey Bogart, Walter Huston, Tim Holt, John Huston

„Spannender Abenteuerfilm nach einem Roman von B.Traven: Drei heruntergekommene amerikanische Abenteurer schürfen in Mexiko in der heißen Sierra Madre gemeinsam nach Gold. Als sich der Erfolg einstellt, wachsen Mißtrauen, Besitzgier und Neid, so daß der gewonnene Schatz schließlich in alle Winde zerrinnt. Ein Klassiker des Abenteuergenres, der exemplarisch das Scheitern des Bemühens um sicheren materiellen Besitz schildert. Walter Huston - Vater des Regisseurs - in seiner besten Rolle, als alter Golddigger Howard, bei der letzten Zusammenarbeit mit dem Sohn.“(Lexikon des internationalen Films) Atelier

Sling Blade USA 1996, R: Billy Bob Thorton, D: Billy Bob Thorton, Lucas Black

„Der merkwürdige, zart und eigenwillig erzählte Bildungsroman des fast 40jährigen Kindskopfes Karl Childers schildert die Gutwilligkeit der Leute, die dem ungeselligen Gesellen ins Leben zu helfen versuchen; er führt vor, daß auch der Dümmste nicht in Frieden leben kann, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt; und er zeigt unheimlich suggestiv, wie aus Gewalt Gewalt entsteht. Die Erfindung der Figur, ihre Verkörperung und ihre Geschichte sind höchst eigenartig. Seit gut einem Dutzend Jahren ließ ein bislang kaum auffällig gewordener Typ aus dem hinterwältlerischen Arkansas mit dem Namen Billy Bob Thorton die rührende Monsterfigur des unschuldig-schuldigen Muttermörders in sich heranreifen. Der Hinterwäldlerfilm, mit Freundeshilfe und Gastauftritten für nur eine Million Dollar inszeniert, erwies sich in Hollywod als Außenseiter-Ereignis der Saison. Die Intimität der Geschichte wie ihre streng stilisierte Erzählweise wirken eindringlich nach. Vielleicht wird „Sling Blade“(wie etwa Charles Laughtons „Die Nacht des Jägers“) etwas Einmaliges bleiben: Man bringt dergleichen nur zustande, wenn man den Kopf dazu hat, durch die Wand zu gehen. „Sling Blade“ist ein Märchen, und es erzählt, daß man dem Bösen, wenn es sein Haupt erhebt, mit der Siegesgewißheit eines Kindes entgegentreten kann.“(Der Spiegel) Gondel, Casablanca (Ol)

Speed 2 USA 1997, R: Jan De Bont, D: Sandra Bullock, Jason Patrick, Willem Dafoe

„Wie erfrischend sauste doch in die dröge Kinosaison 1994 „Speed“hinein: Ein Action-Thriller von schnörkelloser Eleganz, klar, scharf, plausibel. Und dazu das ansteckemd meckernde Lachen von Sandra Bullock! Die Fortsetzung mag wegen des Erfolges unvermeidlich gewesen sein, doch sie muß ohne den Herzbuben Keanu Reeves auskommen und auch ohne den cleveren Autor Graham Yost. So hat Regisseur Jan De Bont selbst eine neue Story ausgeheckt, die als Super-Bomben-Leger, o je, o je, wieder mal einen größenwahnsinnigen Computerfreak aufbietet und als Schauplatz einen Kreuzfahrtdampfer. Da es von der Höhe der Kommandobrücke bis hinab in die Eingeweide der Maschinerie furchtbar viel herumzuhebeln gibt, kommt bald der Überblick abhanden. Verlaß ist allein auf das diabolische Zähneblecken des Starschurken Willem Dafoe und natürlich auf Sandra Bullocks vergnügtes Meckern.“(Der Spiegel) UFA-Stern

Susi und Strolch USA 1955, R: Hamilton Luske, Glyde Geronimi, Wilfried Jackson

„Eine verwöhnte Cockerdame verliebt sich in einen sympathischen Straßenköter, Gefühl- und humorvolle Hundeabenteuer in einem Zeichentrickfilm Walt Disneys, der den Tieren rein menschliche Eigenschaften und Reaktionen unterstellt. Liebenswürdige Unterhaltung für Jung und Alt.“(Lexikon d. Intern. Films) Schauburg, UT-Kinocenter

T

Tom und Jerry – Der Film USA 1991, R: Phil Roman

Wiederaufführung des ersten langen Kinofilms mit dem Zeichentrickpaar, dessen Universum nur aus Käse, Mausefallen und endlosen Jagden besteht. Wenn die Fans davon nach 20 Jahren noch nicht genug haben, dann spricht auch nichts dafür, daß sie deren immergleiche Abenteuer in diesen 85 Filmminuten plötzlich langweilig finden. (hip) Atlantis

Trainspotting Großbritannien 1995, R: Danny Boyles, D: Ewan McGregor, Ewan Bremner

„Ein Hauch von Monty Python liegt über dem Ganzen, der signalisiert: Dies hier ist aus U.K. Zutaten zusammengemixt. Der Kult um die Geschichte einer drogensüchtigen Vorstadtclique beweist zweierlei: die Junkies sind unter uns und Britannien produziert wieder Lebensgefühl.“(taz) Cinema

V

Vergessene Welt USA 1997, R: Steven Spielberg, D: Jeff Goldblum, Julianne Moore, Arliss Howard

„Steven Spielbergs Fortsetzung des Blockbusters „Jurassic Park“von 1993 ist unverkennbar das Produkt eines meisterlichen Handwerkers. Diesmal hat er zudem einen Weg gefunden, auch sich selber zu amüsieren, obwohl er dem Publikum einen Film der Art vorsetzt, der er selber inzwischen offensichtlich entwachsen ist. Auf seiner zweiten Reise in das Land der Dinosaurier verzichtet der Regisseur auf die ehrfurchtvolle Ernsthaftigkeit, die seinen Stil im ersten Film fossilisierten, und ersetzt sie mit flotten Jahrmarktsattraktionen und einem neckenden, selbstironischen Ton. Er spielt mit unserer Begierde danach, von seinen mechanischen Monstern erschreckt zu werden, und manipuliert uns dabei so mühelos, daß wir über die Primitivität unserer Reaktionen zu lachen beginnen. Er arbeitet hier wie ein großartiger Gagman, der frei mit den klassischen Abenteuermotiven spielt (darunter ein „cliffhanger“im wahrsten Sinne des Wortes).“(The New Yorker) City, UT-Kinocenter, Passage (Del)

W

Warhols Blue Movie USA 1968, R: Andy Warhol, D: Viva, Louis Waldon

„Viva! und Louis Waldon, Superstars der Warhol-Factory, vergnügen sich mit unverbindlichen Gesprächen über Freunde, Rauschgift und amerikanische Politik. Sie liegen auf einem Bett, langsam beginnen sie sich zu entkleiden, liebkosen sich, blinzeln mal in die Kamera, vereinen sich schließlich in einem „keineswegs simulierten Geschlechtsakt“(Presseheftnotiz). Weiterhin Gespräche. Nachher wird ferngesehen, Essen zubereitet, gegessen, ausführlich geduscht. Ein letzter Blick in die Kamera. Die platte Alltagswelt, signiert mit dem Namen Warhol, wird zum Objekt der Betrachtung, zu bewunderten Objekt. Aber für wen ist dieser Film gedreht? Für Bildungswillige, die zwei Stunden absitzen, um mit einem Bildungserlebnis das Kino zu verlassen – ähnlich wie sie Warhols Bilder in einer Galerie bestaunen. Der Voyeur in uns bleibt unbefriedigt, schließlich wartet man sehnsüchtig auf das Ende, wenn man sich nicht schon vorher in ein Cafe gesetzt hat und dort wesentlich interessantere Menschen beobachtet hat.“(Erwin Schaar) Kino 46