Mann für eine Minute

■ Welps Lichtblick rettet den Basketballern von Alba ihren Europaliga-Sieg gegen Paris

Berlin (taz) – Svetislav Pesic schaute nach Alba Berlins 79:71 in der Basketball-Europaliga gegen Paris St. Germain ziemlich glücklich drein. Und dies nicht nur, weil sein Team ein fast schon verschenktes Spiel noch gewonnen hatte, sondern auch, weil er in der Pressekonferenz für seinen berühmten Landsmann Bozidar Maljkovic dolmetschen durfte. Der gehört zu jener Kategorie europäischer Spitzentrainer, welcher sich der Alba-Coach gar zu gern hinzugesellen möchte. Schon viermal hat er den Europacup gewonnen, fungiert als Berater der jugoslawischen Nationalmannschaft und ist gefürchtet für die große Langeweile, die seine streng defensiv orientierten Teams verbreiten.

In Paris hat Maljkovic sein System bislang nicht perfektionieren können, wie der Auftritt in Berlin zeigte. Die Abwehr der Franzosen bekam vor allem die Alba-Spieler Wendell Alexis (26 Punkte) und Wassili Karassew (17) nicht in den Griff, und der Angriff, den der serbische Erfolgscoach bedächtig und kontrolliert liebt, produzierte, von Harnisch und Rödl aufopfernd gehetzt, reihenweise Ballverluste. Stolze 20 Turnovers hatten sich am Ende angesammelt. Gefragt, warum er mit drei Spielmachern agiere, lächelte Maljkovic sardonisch und meinte: „Hätte ich einen einzigen sehr guten, würde er die ganze Zeit spielen.“ Vor allem der Abgang von J.R. Reid, der zurück in die NBA zu den Charlotte Hornets ging, hat ein großes Loch bei den Parisern hinterlassen. Daß St. Germain dennoch fast gewonnen hätte, lag am Nachlassen von Alexis, der nach fünf Dreiern in Folge zwei Luftlöcher warf, und vor allem an der Reboundschwäche der Berliner, die rekordverdächtige 23 Offensivrebounds zuließen. Daß am Ende doch Alba siegte, lag wiederum am plötzlichen Auftauchen von Christian Welp. Der hatte zwar vorher schon mitgespielt, aber den Bällen meist so hilflos hinterhergeschaut, daß sich manch einer der (nur) 6.100 Zuschauer sogar nach Sascha Hupmann zurücksehnte. Als die Franzosen aber einen 54:62-Rückstand zunächst in ein 64:64 und eine Minute vor Schluß gar in eine 68:64-Führung umgewandelt hatten, zeigte sich, wie wichtig Welp für Alba schon aus einem einfachen Grund sein kann: Er trifft die Freiwürfe. Im letzten Jahr brauchten die Gegner, wenn es eng wurde, nur Hupmann zu foulen, schon hatten sie ohne großes Risiko den Ball. Diesmal wurde Welp gefoult: 66:68. Dann hielt sich Paris zurück, Welp traf per Hakenwurf – 68:68, Verlängerung, in der die Berliner klar dominierten.

Der erste Sieg im zweiten Match der Europaligagruppe D wahrt Albas Chancen auf ein ähnlich erfolgreiches Abschneiden wie im letzten Jahr und war Pesic besonders wichtig, weil Paris, wie er meint, „nicht mehr oft verlieren wird“. Das allerdings darf, bei aller Wertschätzung für Bozidar Maljkovic, bezweifelt werden. Matti Lieske