Frieden zur Rettung der Biker-Szene

■ Die Motorradklubs Bandidos und Hells Angels beenden feierlich den jahrelangen „Rockerkrieg“ in Skandinavien

Kopenhagen (taz) – Seit Donnerstag abend haben sich die Biker-Klubs Hells Angels und Bandidos in Skandinavien furchtbar lieb. Nach jahrelangen blutig ausgetragenen Revierkämpfen der dänischen Ableger der weltweiten Vereinigungen, die Auswirkungen auf ganz Skandinavien hatten, herrscht Frieden.

Dies verkündeten zumindest die Chefs der beiden Klubs, Jim Tinndahn für die Bandidos und „Blondie“ Svane Nielsen für die Hells Angels, live in der Hauptnachrichtensendung des dänischen Fernsehens. In voller Montur saßen die beiden vor der Kamera, gaben ihre Erklärungen ab, fielen sich dann zwar nicht um den Hals, aber schüttelten sich doch recht freundlich die Hand.

Sechs Monate lang hatten die „Waffenstillstandsverhandlungen“ gedauert, die unter Einschaltung zweier Rechtsanwälte abwechselnd in Kopenhagen und New York stattfanden. Beide Klubs hatten ihre verfeindeten dänischen Brüder zur Zentrale in die USA beordert. Denn unter dem sinnlosen Kampf um Ehre und Einfluß, bei dem insgesamt zehn Menschen ums Leben gekommen waren, hatte das Ansehen der gesamten Biker-Szene gelitten. So war es mit der Bikerfreiheit spätestens seit dem Frühjahr vorbei, nachdem zuerst die dänische Polizei und dann auch deren skandinavische Kollegen eine nahezu lückenlose hautnahe Bewachung der Mitglieder beider Gruppen eingeführt hatten. Neben den Bikern, die wegen direkter Beteiligung an den Gewalttaten hinter Gittern landeten, brachen die OrdnungshüterInnen einen regelrechten Kleinkrieg gegen alle Kuttenträger vom Zaun: Es hagelte Anzeigen wegen Geschwindigkeitsübertretungen, Nichttragen von Motorradhelmen und unzulässigen technischen Veränderungen an den Maschinen.

Die kriminellen Geschäfte beider Klubs, die es zumindest auch gibt, wie Drogenhandel und Schutzgelderpressungen, wurden noch empfindlicher gestört, die wirtschaftliche Existenz der Klubs war bedroht.

Es seien zu einem großen Teil die staatlichen Reaktionen gewesen, gesteht Biker-Anwalt Thorkild Höyer auch offen ein, wenn es um die Erklärung der Gründe für den jetzigen „Frieden“ geht: „Aber entscheidend war, daß beide Klubs Schluß mit dem Töten machen wollten.“ Es dürfte auch die Hoffnung dahinterstecken, eine Gesetzesvorlage zu stoppen, die gerade im dänischen Justizministerium ausformuliert wird: ein Totalverbot der MC-Klubs.

Ob der „Frieden“ tatsächlich hält, wird entscheidend davon abhängen, welche Kontrolle die Zentralen über die einzelnen Klubs und deren Mitglieder tatsächlich haben. Persönliche Haß- und Rachegefühle, verletzte Ehre und Konfrontationslust werden nicht durch den Handschlag der beiden Chefs verschwinden. Das wissen auch Bandidos-Tinndahn und Angels-Nielsen. Eine volle Kontrolle habe man natürlich nicht, gestanden sie. Beide gelobten aber, wer sich nicht an den Friedensschluß halte, werde sofort ausgeschlossen. Reinhard Wolff