Nicht ohne meine Gegenfinanzierung

■ Die Politiker von Union und FDP orakeln, wie die Senkung des Soli-Zuschlags zu zahlen ist

Berlin (taz) – Sieben Milliarden Mark fehlen der Staatskasse, wenn der Solidaritätszuschlag zum 1. Januar 1998 um zwei Prozentpunkte gesenkt wird. Wie dieses selbstgeschaffene Haushaltsloch zu stopfen ist, war am Wochenende unter den Politikern von Union und FDP heftig umstritten.

Deutlich wurde bereits, daß die Entlastung der Bürger erheblich geringer ausfallen wird als die sieben Milliarden. So rechnet Wolfgang Schäuble, Chef der Unionsfraktion, mit einer Entlastung von maximal einer Milliarde – die anderen sechs Milliarden müßte der Staat durch höhere Steuern an anderen Stellen wieder einnehmen.

Welche Steuern das sein könnten, war am Wochenende noch nicht klar. Nach einem Bericht der Berliner Zeitung soll die Besteuerung von Risiko-Lebensversicherungen etwa drei Milliarden bringen; eine dreiseitige Liste des Finanzministeriums empfehle auch höhere Steuern auf Billigzigaretten, Branntwein und Schaumwein. Bild will erfahren haben, daß die Rücklagen der AKW-Betreiber besteuert werden. Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) bestätigte diese Spekulationen nicht. Erst in den nächsten drei bis vier Wochen soll entschieden werden.

Widerstand gegen die Soli-Senkung gibt es auch unter Unionspolitikern noch. So warnte der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, davor, weil die Leistungen an die ostdeutschen Länder noch Jahre bezahlt werden müßten. Sein Kollege Bernhard Vogel aus Thüringen sagte: „Eine Senkung ohne Gegenfinanzierung kommt für mich nicht in Frage.“ Und Christoph Bergner, CDU- Oppositionschef in Sachsen-Anhalt, sagte: „Ich würde den Soli jetzt nicht senken.“

Die FDP drängt jedoch hartnäckig, daß ihr Lieblingsprojekt verwirklicht wird. Zwar ist Parteichef Wolfgang Gerhardt bereits realistisch und geht davon aus, daß sechs von den sieben Milliarden durch andere Steuern wieder hereinkommen müssen. Die eine Milliarde realer Entlastung will die FDP aber durchsetzen – notfalls auch mit „etwas mehr Neuverschuldung“, so FDP-Fraktionschef Hermann Otto Solms. Felix Berth