Die zwei von der Dom-Polizei

■ Mit Klaus J. Behrendt (rechts) und Dietmar Bär (links) schickt der WDR zwei neue „Tatort“-Fahnder ins Rennen (So., 20.15 Uhr, ARD)

Die Älteren unter uns werden sich vielleicht noch erinnern: 1971, ein Jahr nach dem Start der „Tatort“-Reihe, trieb ein gewisser Kressin zu Köln am Rhein sein Unwesen als Zollfahnder. Bei seiner Dienststelle ließ sich der Hallodri mit Schlaghose und seiner Vorliebe für hautenge Rollis allerdings eher selten blicken, weil er lieber quer durch die Republik Schmugglern und (vor allem) Weiberröcken nachstellte. Nach nur sieben Folgen quittierte Sieghardt Rupp alias Kressin seinen Dienst, und fortan ließ der WDR seine Kommissare in Essen (Haferkamp), Duisburg (Schimanski) und schließlich Düsseldorf (Flemming) ermitteln. Nur eben nicht in Köln.

Ab Sonntag wird nun auch beim „Tatort“ wieder das ein oder andere Kölsch im Schatten des Doms gezischt. Und das nicht nur außerhalb der Dienstzeit. Ganz vom „Hart und gerecht, aber locker drauf“-Schlag sehen die beiden Fahnder Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) das mit den ehernen Regeln des Beamtentums nicht allzu eng. Ballauf, Ballauf...? Ist das nicht der Bruder Leichtfuß, wo früher mal Assi bei Flemming in Düsseldorf war, bis er sich nach Amerika absetzte? Genau. Und weil Klaus J. Behrendt offenbar keine Lust hatte, irgendwann zum Harry Klein vom „Tatort“ zu werden, darf er nun den Chef machen. Was sich in der ersten Folge („Willkommen in Köln“) nicht ganz problemlos gestaltet.

Denn zumindest bei Freddy ist der Neue absolut nicht willkommen. Schließlich hatte dieser fest damit gerechnet, selbst zum Häuptling aufzusteigen, und für die Feier schon mal Kölsch und Schnittchen bestellt. Dementsprechend stinkig begegnet er diesem Ballauf, der ihm von irgendwo ganz oben vor die Nase gesetzt wird. Wobei, wie wir in einem überraschenden Florida-Intro mit hübschen „Miami Vice“-Anklängen erfahren, das BKA seine Finger im Spiel hat.

Aber weil da irgendwann ein Toter im Rhein treibt, müssen sich die beiden irgendwie zusammenraufen. Irgendwie ist Dienst schließlich doch Dienst. Daß diese notgedrungene Zusammenarbeit nicht gleich in dicke Freundschaft umschlägt, gehört fraglos zu den Stärken des Films. Überhaupt: die Figurenzeichnung haut durchaus hin. Klaus J. Behrendt mimt zwar auch hier den sympathischen Filou mit Schlag bei den Frauen, dem die patente Sekretärin Lissy Pütz (so heißen Sekretärinnen nun mal in Köln) schon am ersten Abend ihre Bettstatt andient, aber Dietmar Bär muß nicht schon wieder seinen knuddeligen Namensvetter Teddy machen, sondern darf mit Crocodile-Dundee-Stiefeln und Zigarre im Mund tendenziell richtig fies sein. Was der Figur bestens bekommt. Wie bei jedem Pilotfilm nimmt natürlich auch hier die Einführung der Figuren breiten Raum ein. Was nicht weiter stört, zumal dabei auch der ein oder andere gute Spruch abfällt. Doch wie so oft in diesen Fällen gerät dabei der Krimi völlig unter die Räder. Autor Nikolaus Stein von Kamienski hat hier seinen Plot zusammengestrickt, der vor lauter Hakenschlägen und bemüht kompliziertenVerwicklungen irgendwann selbst nicht mehr zu wissen scheint, wohin der Hase laufen soll.

In erster Linie geht's mal wieder um Drogenschmuggel. Darüber hinaus um dubiose Klüngeleien zwischen Polizei und jener Sicherheitsfirma, deren (nun toter) Mitarbeiter in eine fixende Nutte verknallt war und dessen Chef schließlich „rot“ sieht, weil er ein familiäres Problem in einer klösterlichen Krankenanstalt darniederliegen hat. Obendrein ist dann auch in Köln noch das BKA in schwerst geheimer Mission dabei. Bei dieser problemorientierten Aneinanderreihung bleibt irgendwann die Spannung unwillkürlich auf der Strecke. Zumal es auch Regisseur Kaspar Heidelbach nicht schafft, die Fädchen ordentlich zusammenzuhalten.

Aber darum sollte man das neue Duo nicht gleich abschreiben. Die zwei hätten durchaus das Zeug, der ziemlich überalterten Riege der „Tatort“-Kommissare eine Frischzellenkur zu verabreichen. Abwarten. Nächsten Sonntag müssen die beiden jedenfalls schon wieder Dienst schieben. Und wenn dann nicht wieder aus jeder Kneipe kölsche Mundart-Weisen dudelten, wär' auch schon viel gewonnen. Reinhard Lüke